Bronski & Grünberg: Nestroyfaschiertes mit Popkulturfrikassee

Kultur

Gar etwas üppig: „Höllenangst“ von Kaja Dymnicki und Alexander Pschill mit großem Ensemble und viel absurdem Humor

Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang? Bei der Idee wird einem ganz bang! Aber eins ist g’wiss: In Wien gibt es noch eine Bühne, die Johann Nestroys wunderbare Sprache hochhält. Alexander Pschill und Kaja Dymnicki, die Gründer des Bronski & Grünberg, stellten dies am Samstag unter Beweis – mit „Höllenangst“ als über Gebühr bejubelte Uraufführung.

Es handelte sich tatsächlich um eine Uraufführung. Obwohl doch Nestroy seine Posse mit Gesang 1849, ein Jahr nach der erfolglosen Revolution, aus der Taufe gehoben hatte. Denn das Stationendrama von Pschill und Dymnicki hat so gut wie nichts mit der Handlung der Original-„Höllenangst“ gemein. Abgesehen davon, dass es einen Wendelin gibt, den einst Nestroy verkörperte, und dass von einem „Teufelscontract“ die Rede ist.

Die „Höllenangst“ reflektiert auch nicht, wie jene von Nestroy, die jüngsten politischen Ereignisse. Sie ist einfach eine Hetz, die den Plutzer malträtiert: „Stellen Sie sich vor, zehn verlorene Nestroy-Figuren werden gezwungen, einen klassischen Hollywood-Thriller nachzuspielen, während ihnen der leibhaftige Satan auf den Fersen ist.“

Eine absurde Reise

Dymnicki und Pschill haben diverse Filme – von „Columbo“ bis „Müllers Büro“ – zusammen mit Zitaten und Couplets von Nestroy durch ihren Fleischwolf gedreht. Herausgekommen ist eine absurde Reise, die vom Wiener Varieté-Milieu über Irrenanstalten bis nach Prag führt.

Einst war ein gewisser Egon Schlingel der Star der Szene. Und so beginnt der turbulente Abend, bestritten von einem zehnköpfigen Ensemble und Bernhard Moshammer am E-Piano – denn auch mit einer fulminanten Darbietung. Thematisch kreisen die Songs, die Florian Carove als Entertainer darbringt, um einen Pakt. „Weniger ist mehr“ sei ein Schas: Mehr ist mehr! Aber nun sei er in der Geiselhaft des „Teifels“ – und verloren.

  Wenn man keine Visionen hat, bereut man es vielleicht am Totenbett

Jahre später lässt ein nobler Fürst der Finsternis (Anton Widauer) über seinen Anwalt Fabian Fisch (Skye MacDonald) nach Egon Schlingel suchen. Und der coole Wendelin der Agnes Hausmann nimmt die Ermittlungen auf: Sie macht einen auf Humphrey Bogart und John Travolta, lässt sich nicht beirren – und gerät an siechende Greise, japanische Wahrsagerinnen und sexy Männerfantasien. Garniert wird der Plot mit Slapstick und hinreißender Pantomime. Natürlich untermalen Dymnicki und Pschill die Aktionen wieder mit Geräuschen vom Band. Ganz zum Schluss gibt’s sogar eine Moral von der G’schicht. Aber zehn Gänge Nestroyfaschiertes mit Popkulturfrikassee sind etwas zu viel des Guten.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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