Tempobolzer auf der Streif: Zwischen brutal ehrlich und zu gefährlich

Sport

Immer schneller und schneller – in Kitzbühel rasten die Abfahrts-Asse mit mehr als 140 km/h über die Streif.

Als Franz Klammer 1975 erstmals in Kitzbühel siegte, gabs von Veranstaltern keinen Schilling Prämie. Als 1982 der heutige Hahnenkamm-Vermarkter Harti Weirather Schnellster auf der Streif war, wäre man für Helmwerbung gesperrt worden. Und als Hermann Maier triumphierte, ließ die FIS im TV die Geschwindigkeiten (aus Versicherungsgründen) nicht an der schnellsten Passage einblenden.

Der Fernsehkonsument wurde getäuscht. Inzwischen ist der Rennzirkus ehrlicher geworden. Und noch gefährlicher.

143,5 km/h (Dominik Paris) bzw. 142,6 (Alexis Monnet) und 142,5 (Daniel Hemetsberger, Stefan Eichberger) betrug diesmal das Höchsttempo.

Die hohen Geschwindigkeiten sind Mit-, doch nicht der einziger Grund, weshalb schon zur Halbzeit der Saison diese für mehr als 30 Weltcupläufer zu Ende ist. Und weshalb Weltcupdirektor Markus Waldner während der WM in Saalbach nicht nur Trainer, sondern auch Ausrüster zu Krisensitzungen zusammentrommeln will. Es sei fünf nach zwölf, sagt Waldner. „So darf’s nicht weitergehen“, fordern Ex-Stars und Medien im solidarischen Chor. Nur: Gleiches wurde – auch in dieser Kolumne – schon x mal geschrieben. Zum Beispiel …

… 1987, nachdem der Kanadier Brian Stemmle (kommentierte den Triumph seiner Landsleute James Crawford und Cameron Alexander live für Kanadas TV-Sender CBS) an der Steilhang-Ausfahrt im Netz hängen geblieben und ihm der Unterleib aufgerissen worden war;

1996, nachdem Andreas Schifferer (hat zu früheren Kollegen keinen Kontakt) nach seinem Sturz beim Zielsprung erst Tage später aufgewacht war;

2009, nachdem der Schweizer Daniel Albrecht (verkauft mittlerweile Häuser aus bei Vollmond gefälltem Holz) drei Wochen im Koma gelegen war;

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2011, nachdem Hans Grugger (heute Lehrer an der Sportmittelschule Ebensee und zweifacher Familienvater) so schwer mit dem Kopf auf der Streif aufgeschlagen war, dass seine so aussichtsreich gewesene Karriere zu Ende war;

Auch in Erinnerung an solche Stürze herrscht nach dem Streif-Krimi große Erleichterung, dass just beim schwersten Rennen konträr zum Training und den Unfällen in Bormio und Wengen der Rettungshubschrauber auf dem Kitzbüheler Boden bleiben konnte. Während in Garmisch Nina Ortlieb einen Beinbruch erlitt und dort die im Training gestürzte Tschechin Tereza Nova, 26, ins künstliche Koma versetzt wurde.

Der Speedzirkus gleicht immer mehr einer Mutprobe von Nicht-mehr- und Noch-nicht-Verletzten. Die Prämien (100.000 Euro für Streif-Sieg bzw. 2000 für Platz 30 ) sind in Wahrheit Vorschuss oder Nachzahlung aufs Schmerzensgeld.

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Source:: Kurier.at – Sport

      

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