
Bei der Klausur soll zügig und ruhig gearbeitet werden. Auch auf Expertise wird gesetzt. Am Dienstag steht die Wirtschaftsankurbelung im Mittelpunkt.
Wir arbeiten. Auf diese zwei Wörter lässt sich der Inhalt verdichten, den die neue Bundesregierung zum Wochenstart vermitteln will.
„Natürlich haben wir überlegt, ob wir für eine Klausur zwei Tage nach Niederösterreich fahren sollen“, sagt ein Regierungsstratege. Aber man habe sich bewusst gegen Fotos und Kamera-Aufnahmen im Grünen oder in Seminarhotels entschieden. „Die Menschen erwarten jetzt vor allem eines von uns, nämlich: dass zügig und ruhig gearbeitet wird. Und das soll passieren.“
Regierungsklausur: Expertise von außen gefragt
Folgerichtig bemühen sich die Sprecher aller drei Parteien auffallend diszipliniert und konsequent, nicht einfach von einer Klausur, sondern von einer Arbeitsklausur zu sprechen, die ab Dienstag im Bundeskanzleramt stattfindet. Inszenatorisch wird die Veranstaltung wenig bis gar nicht vom allwöchentlichen Ministerrat zu unterscheiden sein.
Bis vielleicht auf die Tatsache, dass sich die Regierungsmitglieder Expertise von außen holen: Die Chefs des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) sowie des Instituts für Höhere Studien (IHS), Gabriel Felbermayr und Holger Bonin, sind zur Klausur geladen, um wirtschaftspolitisch zu beraten.
Ziel: Impulse entwickeln und alsbald setzen
Der Wunsch: ÖVP, SPÖ und Neos wollen Impulse zur Standortpolitik, dem Wirtschaftswachstum und dem Arbeitsmarkt entwickeln bzw. alsbald setzen – und diese in den Ministerratsvortrag für Mittwoch gießen.
Die Volkspartei will beispielsweise erste Schritte einer „Industrie-Strategie“ vorlegen, der SPÖ geht es vor allem um die Frage der Inflationsbekämpfung – und wie man die Energiepreise in den Griff bekommt. Ungeachtet der inhaltlichen Vorschläge gilt als sicher, dass die Wirtschaftsforscher mit eher ernüchternden Zahlen aufwarten. Schon am Montag hat Wifo-Chef Felbermayr erklärt, dass über die nächsten fünf Jahre ein Konsolidierungsbedarf von rund 25 Milliarden Euro bestehe.
Doppelbudget reicht nicht aus
Ein Doppelbudget für die Jahre 2025 und 2026 reiche diesbezüglich nicht aus, es sei ein Plan für die gesamte Gesetzgebungsperiode vonnöten, sagte der Experte im Ö1-Radio.
Bislang hat sich die Dreier-Koalition darauf verständigt, im Jahr 2025 rund 6,3 Milliarden und 2026 rund 8,7 Milliarden Euro einzusparen. Gleichzeitig brauche es aber konjunkturbelebende Maßnahmen, sagt Felbermayr – schließlich könne 2025 ein weiteres Rezessionsjahr werden.
Laut Wifo-Chef Felbermayr muss die Regierung potenziellen Investoren schon jetzt erklären, wie sie den Standort in den nächsten Jahren verbessern will, um echte Investitionen anzustoßen.
Keine schnelle Schlagzeile aus Ministerien
Ausnehmend diszipliniert sind die Vertreter der drei Regierungsparteien vorerst bei ideologisch motivierten Forderungen und in Interviews. „Das ist kein Zufall“, heißt es im Umfeld der Parteichefs. Tatsächlich habe man sich darauf verständigt, bei öffentlichen Auftritten auf die nötige Budgetsanierung zu verweisen.
Derzeit, so heißt es, lege es kein Minister auf einen „quick win“, also auf eine schnelle Schlagzeile an, um allenfalls den eigenen Funktionären zu gefallen. „Wir alle wissen“, sagt ein Regierungsstratege, „dass gegenseitige Provokationen oder mögliche Kampfansagen nur eines bedeuten: Alle drei verlieren.“
Source:: Kurier.at – Politik