
Prognosen von WIFO/IHS bestätigen düsteren Ausblick, Österreich war 2024 EU-Schlusslicht. Was Experten empfehlen – und was die Politik andenkt.
Die längste Rezession der Nachkriegszeit geht weiter. Das zeigen die neuen Konjunkturprognosen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sinkt laut WIFO 2025 um 0,3 Prozent, das IHS erwartet 0,2 Prozent. Was das für die Sparpläne der Regierung bedeutet – und wie es nun weitergeht.
Wie hoch fällt das Budgetdefizit heuer aus?
Das WIFO geht 2025 von einem Minus von 3,3, 2026 von 3,5 Prozent des BIP aus. Die Maßnahmen der Bundesregierung sind hier schon eingepreist. Heuer will Türkis-Rot-Pink ja 6,4 Milliarden Euro konsolidieren, nächstes Jahr 8,7. Damit wollte man das Budgetdefizit unter drei Prozent des BIP drücken. Das wäre nötig, um ein EU-Defizitverfahren abzuwenden.
Wie viel müsste Türkis-Rot-Pink zusätzlich sparen, um ein Defizitverfahren abzuwenden?
Das hängt von der jeweiligen Prognose ab. Das IHS ist optimistischer, die Nationalbank pessimistischer als das WIFO. Alleine heuer könnten bis zu sechs zusätzliche Milliarden nötig sein, meinte Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) zuletzt. Das finale Budgetdefizit für 2024 veröffentlicht die Statistik Austria am Montag. Dann könnten klarere Ansagen folgen. Marterbauer vermutet übrigens, dass IHS und WIFO die Defizite von Ländern und Gemeinden unterschätzen. Heißt: Deren Prognosen sind eventuell zu optimistisch.
Steht fest, dass die Regierung ein Defizitverfahren in Kauf nimmt?
De facto. Marterbauer betont am Donnerstag vor Journalisten, nicht an weitere Maßnahmen zu denken. 6,4 Milliarden seien „mehr als genug“, und die Regierung sei „ausgelastet“, diese Summe einzutreiben. Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) widerspricht nicht – und lehnt neue Steuern ab. Im Gegensatz zur ÖVP wollte die SPÖ ein Defizitverfahren von Anfang an nicht verhindern. Dieses sei „kein Beinbruch“, meint Marterbauer. Die Lage sei aber „sehr ernst“, man arbeite das Sparpaket nun „konstruktiv“ ab – und hoffe auf Hilfe von Ländern und Gemeinden.
Wäre es überhaupt noch möglich, kurzfristig Milliarden aufzutreiben?
Eventuell, aber sowohl Regierung als auch die meisten Ökonomen halten das – wegen wohl negativer Effekte auf Wirtschaft und Konsum – nicht für zielführend. Mit der Abschaffung des Klimabonus oder der Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten hat Türkis-Rot-Pink bereits unpopuläre Maßnahmen gesetzt, die die breite Masse treffen. Neue Einnahmen – wie Vermögenssteuern oder eine Anhebung der Umsatzsteuer – schließt die Regierung aus. Der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria hält es etwa für möglich, heuer noch mehr als 1,1 Milliarden Euro bei den Ministerien einzusparen. Eine weitere Milliarde Potenzial gebe es bei den Ländern oder Unternehmensförderungen.
Wo kann Österreich langfristig einsparen?
Wo sich alle einig sind: Die Budgetkonsolidierung wird noch Jahre dauern. An einem entsprechenden Plan arbeitet die Regierung. Eibinger-Miedl will beispielsweise die Förderquote senken. Viel Geld wäre bekanntlich im Pensionsbereich und bei Beamtengehältern zu holen. WIFO-Chef Gabriel Felbermayr empfiehlt in beiden Fällen eine Anpassung unter der Inflationsrate – und zwar für die kommenden Jahre.
Selbiges sei, hier appelliert Felbermayr an die Sozialpartner, bei den Löhnen nötig. Österreich sei „ärmer“ geworden – und das könnten der Staat und die Betriebe auf Dauer nicht auffangen. Ohne „mutige Reformen“ drohe ein „verlorenes Jahrzehnt“, warnt Felbermayr. Marterbauer widerspricht teils: Österreich zähle nach wie vor zu den reichsten EU-Staaten. „Ich finde es immer nicht so gut, wenn sich …read more
Source:: Kurier.at – Politik