
Weil die Demokraten immer noch ziel- und führungslos wirken, holen sich Tausende Trump-Gegner bei einem 83-jährigen Sozialisten mentalen Proviant in den harten Trump-Zeiten.
Er wird im Herbst 84, da sitzen andere mit der Wolldecke im Park und füttern die Enten. Bernie Sanders könnte das nicht. Der älteste Duracell-Hase im politischen Geschäft der Vereinigten Staaten, ein parteiloser Sozialist, der als Senator meist mit den Demokraten gemeinsame Sache macht und schon mehrfach Präsident werden wollte, erlebt gerade seinen gefühlt zehnten Frühling.
Weil das demokratische Partei-Establishment auch fast fünf Monate nach dem Wahlsieg Donald Trumps weiter nach einem politischen Nordstern sucht, der den Weg in eine bessere Zukunft ausleuchtet, ragt Sanders zwangsläufig heraus, wenn er sich dieser Tage wie ein alternder Rockstar durchs Land bewegt und seine Version der „Aerosmith”-Umverteilungs-Hymne „Eat the Rich” intoniert.
Seine „Kampf gegen die Oligarchie“-Tournee richtet sich vor allem gegen Elon Musk und die anderen Milliardäre im neuen Kabinett Trumps. In Denver, der linken Hochburg im Bundesstaat Colorado, lauschten neulich ganze 35.000 Menschen einer Rede, die Sanders so oder ähnlich seit gut 40 Jahren hält: Den Armen wird genommen, um die Reichen noch reicher zu machen.
Der gebürtige Brooklyn-New Yorker verzichtet dabei, authentisch bis in die kornblumenblauen Oberhemden, auf Tricks und folgt seinem alten Drehbuch: Mögen die anderen auch schweigen – ich ziehe zu Felde. Sanders macht sich dabei selbst Mut: „Als ich vor einigen Jahren das Wort ‚Oligarchie‘ benutzt habe, wussten viele Menschen nicht, wovon ich sprach“, rief der 83-Jährige in die Menge. „Nun wissen es alle.“
„AOC“ begleitet Sanders als Gesicht der Jungen
Bei der Wahl des Kompagnons greift Sanders auf eine bewährte Kraft zurück, um den generationenübergreifenden Anspruch seiner Politik zu unterstreichen: Alexandria Ocasio-Cortez, die inzwischen 35-jährige Kongressabgeordnete aus New York. Sie ist ein Star des progressiven Parteiflügels und war schon vor fünf Jahren an seiner Seite.
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Alexandria Ocasio-Cortez, Kongressabgeordnete aus New York, ist eines der Gesichter des progressiven Parteiflügels innerhalb der Demokraten.
Noch gut in Erinnerung ist ein fulminanter gemeinsamer Auftritt im damaligen Präsidentschaftswahlkampf in der Stadthalle der Universitätsstadt Ames in Iowa im Februar 2020. Die damals angesagte Rock-Kapelle „Portugal. The Man” aus Wasilla/Alaska heizte ein, Filme-Macher Michael Moore (“Bowling for Columbine”) lobte Sanders` Versprechen von allgemeiner Krankenversicherung und höheren Steuern für die Reichen.
Dann kam „AOC” auf die Bühne und stilisierte den damals 78-Jährigen mit kreischender Stimme zu Amerikas „last best hope”. Der mit Studenten überfüllte Saal brach in Jubelstürme aus.
Sanders ist zu alt. Doch kein anderer Demokrat erzeugt eine solche Euphorie
Sanders mag für den progressiven, sozialdemokratisch orientierten Flügel Amerikas der letzte lebende Säulenheilige sein. Ein Modell für die Zukunft (er wäre bei der nächsten Wahl 2028 stolze 87 Jahre alt) ist er trotz schier unbändiger Energie nicht.
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Erst recht nicht in einer Partei, deren ideologische Spannbreite so enorm ist, dass sich unter ihrem Zeltdach sozialistische Umverteiler wie Sanders wie auch liberale Milliardäre wie J.B. Pritzker, der Gouverneur von Illinois, wiederfinden.
Offenkundig ist aber, dass es keiner der gemäßigteren Kandidaten bislang geschafft hat, eine ähnlich große und treue Anhängerschaft wie Sanders aufzubauen; geschweige denn diese …read more
Source:: Kurier.at – Politik