
Die Bundesregierung präsentiert am Mittwoch nach dem Ministerrat ihren „Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen“. Ein Punkt, der seit einem Dreivierteljahr diskutiert wird, soll darin – wenn auch nur verklausuliert – vorkommen: Das Prinzip „Nur Ja heißt Ja“ im Sexualstrafrecht.
Mit der Begrifflichkeit soll die ÖVP dem Vernehmen nach bis zum Endspurt der Verhandlungen schwergetan haben. Geeinigt haben sich die Koalitionsparteien aber zumindest inhaltlich auf die Reform und einen Zeitplan für die Umsetzung. Es ist eine von mehreren Maßnahmen, die in acht verschiedenen Arbeitsgruppen u. a. von den Ministerien für Justiz, Inneres und Frauen erarbeitet wurde.
Konkret geht es darum, das 2015 verankerte Prinzip „Nein heißt Nein“ umzudrehen. Derzeit muss ein Opfer klar zum Ausdruck gebracht haben, dass der Sexualakt gegen seinen Willen stattgefunden hat. Künftig soll ausschlaggebend sein, ob das klare „Ja“ gefehlt hat.
Geändert werden soll dafür der Paragraf 205a, „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“, mit einer Strafandrohung von bis zu zwei Jahren Haft. Nicht zu verwechseln mit dem Tatbestand der „Vergewaltigung“, für den Gewalt, Entziehung der persönlichen Freiheit oder Drohung ausschlaggebend ist (bis zu zehn Jahre Haft, bei Todesfolge bis zu lebenslang).
Kein „Vertrag“ nötig
Beim sogenannten „Konsensprinzip“ soll sich der Fokus vom Opfer weg und hin zum Täter verschieben, heißt es im Justizministerium. Die Staatsanwaltschaft soll künftig nachweisen müssen, dass der Täter „den fehlenden Willen des Opfers erkannt, es billigend in Kauf nahm und dennoch so handelte“.
Das bedeute nicht, wie betont wird, dass zwei Geschlechtspartner künftig einen Vertrag unterschreiben oder eine App verwenden müssen. Der Wille könne auch in Zukunft „konkludent“ durch Handlungen geäußert werden – etwa durch „aktive Beteiligung am Sexualakt“.
Klargestellt werden soll damit: „Es gibt keinen einvernehmlichen Sex ohne Zustimmung“. Dabei werde ein rechtlicher Graubereich abgedeckt: Beim „Freezing“ befindet sich das Opfer in einer Art Schockstarre und kann in dieser psychischen Ausnahmesituation nicht zu erkennen geben, dass es mit den sexuellen Handlungen nicht einverstanden ist.
In vielen EU-Staaten ist das Zustimmungsprinzip schon verankert – etwa in Slowenien, Dänemark, Spanien, Schweden und Frankreich. In Schweden stieg die Zahl der Verurteilungen um 75 Prozent an, was Autoren einer entsprechenden Studie aber auch auf einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft zurückführen. Zudem wurde die Strafverfolgung gestärkt – mehr Anzeigen münden in Ermittlungen und mehr Fälle landen vor Gericht.
Forderung aus Ländern
In Österreich wurde das Thema nach den umstrittenen Freisprüchen im „Fall Anna“ von den SPÖ-Ministerinnen Anna Sporrer und Eva-Maria Holzleiter wieder aufs Tapet gebracht, die ÖVP war bis zuletzt eher skeptisch.
Zumindest im Bund. Aus den Ländern gab es im September eine klare Ansage: Die niederösterreichische Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) brachte bei der Konferenz der Frauenreferentinnen einen Antrag für das „Nur Ja heißt Ja“-Prinzip ein, der einstimmig angenommen wurde.
Source:: Kurier.at – Politik



