Tojner teilt aus: „Eine Schande, dass der Heumarkt noch nicht umgesetzt ist“

Politik
michael tojner

Für „bloße Investoren-Architektur“ sei er nicht zu haben, sagt Michael Tojner, als er den KURIER für eines seiner seltenen Interviews an seinem Firmensitz am Fleischmarkt empfängt. Auf die Ästhetik komme es an. Vom Dachgeschoß des beeindruckenden Baus aus, in dem sowohl seine Wert-Invest als auch die Industriegruppe Montana Tech Components untergebracht ist, hat man einen ungestörten Blick über die Stadt. Hinter ihm an die Wand gelehnt: die Visualisierung des Heumarkt-Projekts, für das die UNESCO die Stadt auf die „Rote Liste“ des gefährdeten Weltkulturerbes gesetzt hat. Der Streit zieht sich seit Jahren. Ist ein Ende in Sicht?

KURIER: Kein Witz: Ihr Intercontinental diente unlängst als Kulisse für den Film „The Souffleur“ mit Willem Dafoe. Er kämpft darin gegen einen Investor, der das Hotel abreißen will. Lieben Sie Ironie? Oder ist das eine paradoxe künstlerische Intervention?

Michael Tojner: Mit seiner Historie als erstes internationales Hotel in Wien, mit Gästen von US-Präsident George Bush bis zu den Rolling Stones, hat sich das Intercontinental diese Hauptrolle mehr als verdient. Ich bin stolz, dass ich mithelfen konnte, den Film zu realisieren. Es war eine Low-Budget-Produktion, ich musste sogar meine Hoteldirektorin erst überzeugen, dass wir die Zimmer gratis zur Verfügung stellen. Anders als im Film habe ich das Hotel aber nicht an einen Argentinier verkauft – also ist das Drehbuch weit weg von der Realität.

Wann wird das echte Intercontinental abgerissen?

Ein paar Jahre wird es noch stehen. Wie immer geht in Wien alles sehr langsam vor sich. Es wird vieles zerdiskutiert und wenig umgesetzt.

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Ist das eine Mentalitätsfrage oder eine Schwäche der rot-pinken Stadtregierung?

Sowohl als auch. Die Stadtregierung muss jetzt sagen: „Das machen wir jetzt.“ Sie schreckt vor Projekten zurück, die ihr Kritik einbringen könnten, obwohl sie viel Mehrwert für die Stadt und die Menschen hätten. Erinnern Sie sich an das Museumsquartier oder die Mariahilfer Straße, da war man mutiger. Das ist lange her. Die Aufbruchstimmung fehlt.

Man sagt gerne: Wien kann keine Großprojekte.

Korrekt. Denken Sie an die Markthalle am Naschmarkt. Was hat es da an endlosen Debatten gegeben! Wir haben in Wien kein Nationalstadion, wir haben keine neue Veranstaltungshalle, wir haben keinen Busbahnhof. Haben wir in den vergangenen zehn Jahren überhaupt irgendein nennenswertes Infrastrukturprojekt auf den Weg gebracht? Den U-Bahn-Ausbau, aber der verzögert sich um Jahre (lacht). Ein Vergleich: In Hamburg wird eine Oper gebaut, zusätzlich zur Elbphilharmonie. In Wien, der Musikhauptstadt der Welt, wird über eine neue Oper nicht einmal diskutiert. Diese Haltung wird uns langfristig nur Nachteile bringen.

Rund um Ihr Heumarkt-Projekt und seine Varianten gibt es Endlos-Debatten, vor allem mit der UNESCO. Jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die Variante mit dem 56,5 Meter hohen Wohnturm angeordnet. Sind Sie überrascht? Tatsache ist, dass wir 2012 in Abstimmung mit der Stadt Wien einen Architekturwettbewerb durchgeführt haben und 2017 eine Widmung bekommen haben. Bereits damals hatten wir in Abstimmung mit der UNESCO alles redimensioniert. Jetzt, nach mehr als zehn Jahren und mehreren Projektüberarbeitungen, diskutieren wir immer noch über Bauhöhen. Echte Architektur oder die Vorteile für das Grätzel spielen bei alldem längst keine Rolle mehr.

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Source:: Kurier.at – Politik

      

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