OeNB-Chef Kocher: „Wir sollten genug Pulver trocken halten“

Wirtschaft

Der frühere Wirtschafts- und Arbeitsminister ist bezüglich Konjunktur und Teuerung (die vorläufigen Inflationszahlen für November werden heute veröffentlicht) im kommenden Jahr optimistisch. Kocher will die Notenbank schlagkräftiger aufstellen und hofft, dass nach Harald Mahrer bald ein neuer Präsident für den OeNB-Generalrat ernannt wird.

KURIER: Sie waren jetzt schon das zweite Mal bei einer EZB-Sitzung, einmal in Frankfurt, einmal in Florenz. Ist der OeNB-Gouverneur noch immer Ihr Traumjob, wie Sie einmal gesagt haben? 

Martin Kocher: Für einen Ökonomen ist die Geldpolitik als Teil der Wirtschaftspolitik ein ganz interessanter und auch wichtiger Bereich, und der Gouverneursrat der EZB ist natürlich ein sehr spannendes Gremium, wo sehr viel Expertise zusammenkommt und wo auch sehr intensiv diskutiert wird. Aber die Aufgabe ist viel breiter. Es geht um Finanzmarktstabilität, es geht um den Zahlungsverkehr, es geht um neue Entwicklungen, Technologien, digitale Währungen und so weiter. Also, es ist eine sehr spannende Aufgabe, die ich hier erfüllen darf. Wenn Sie so wollen, ein Traumjob, der aber auch mit viel Verantwortung einhergeht.

Ist es nicht frustrierend, wenn man sich in der EZB immer nur am Euro-Durchschnitt der 20 Mitglieder orientieren kann, der aber für Österreich mit seinem sehr dürftigen Wachstum und der überdurchschnittlich hohen Inflation de facto nie passt?

Die Geldpolitik ist durch die gemeinsame Währung zentralisiert, und die relevanten Zinssätze sind für den gesamten Euroraum gleich. Das heißt, man kann natürlich nicht auf nationale Eigenheiten besonders eingehen. Wir diskutieren aber sehr intensiv, sowohl die Inflationsentwicklungen in den einzelnen Ländern als auch die Entwicklungen bei den öffentlichen Budgets. Und ich glaube, dass sich die Inflationsraten im Euroraum im kommenden Jahr angleichen werden, und das ist auch gut so. Denn auf Dauer wäre es tatsächlich nicht gut, wenn man auf die Differenzen zwischen den einzelnen Ländern geldpolitisch nicht reagieren kann.

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2025 war geprägt vom Zoll- und Handelskrieg, was wird für 2026 als größtes Risiko für die Wirtschaft gesehen? Das Platzen der KI- und Tech-Blase an den Börsen?

Was die Handelspolitik betrifft, ist es aus heutiger Sicht nicht ganz so schlimm gekommen, wie das einige angenommen haben, wenn ich auch glaube, dass man noch keine Entwarnung geben kann. An den Finanzmärkten sehen wir sehr hohe Bewertungen, gerade in den USA bei Aktien, die mit KI in Verbindung sind. Es ist auch deshalb sehr wichtig, darauf zu achten, dass die Finanzmarktstabilität gewährleistet ist. Das ist aber in diesem Fall keine europäische Sache. In Europa sind die Banken sehr stabil aufgestellt, das ist gut. Aber aus den USA kann natürlich auch – das haben wir schon öfters erlebt – ein Problem überschwappen. Eine gewisse Vorsicht, was die Bewertungen bei einzelnen US-Aktien betrifft, ist also schon gerechtfertigt.

In Österreich bereitet der Bereich der Gewerbeimmobilien Sorge, mit acht Prozent an notleidenden Krediten im Vergleich zu drei Prozent im Gesamtmarkt. Braucht es für Gewerbeimmobilien strengere Kreditvergaberegeln, wie es sie für Private mit der KIM-Verordnung gegeben hat?

Für Gewerbeimmobilien gibt es bereits einen sektoralen Systempuffer. Also die Pflicht, ein Prozent an zusätzlichem Kapital für solche Kredite zu hinterlegen. Die Maßnahmen werden im Finanzmarktstabilitätsgremium evaluiert und nötigenfalls nachgeschärft.

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Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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