
Russische Soldaten filmen sich, wie sie raschen Schrittes durch den Nebel von Pokrowsk hin zum Stadtzentrum marschieren und die russische Fahne in den Händen halten. Wenig später verkündet der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow, die Stadt sei erobert. Die ukrainische Reaktion folgt auf dem Fuße: Die russische Aktion sei eine Propagandaaktion gewesen, „die Eliminierung des Feindes in städtischen Gebieten in Pokrowsk dauert an“, heißt es. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich dieser Schlagabtausch wiederholt – Krieg wird auch im Informationsraum geführt.
EPA/RUSSIAN DEFENCE MINISTRY PRESS SERVICE/HANDOUT HANDOUT
Die Stadt ist zum Großteil zerstört
Wie hat sich die Lage in den letzten Wochen verändert?
Doch wie hat sich die Situation in der seit vielen Monaten umkämpften Stadt in den vergangenen Wochen verändert? Wie sieht die Realität – soweit von außen feststellbar – am Boden aus? „Pokrowsk ist de facto gefallen“, titelte der KURIER vor knapp einem Monat.
80 Prozent russische Kontrolle und abgeschnittene Zufahrtswege
Bereits damals vermeldeten proukrainische Quellen, dass 80 Prozent der Stadt unter russischer Kontrolle stünden. Alle Zufahrtswege standen zudem unter russischer Feuerkontrolle – zahlreiche zerstörte ukrainische Panzer, Gefechts- und Transportfahrzeuge an den Zufahrtswegen sind traurige Zeugen dieser Berichte.
FAB-Bomben und Gegenstöße
Die Tage und Wochen darauf sickerten immer mehr russische Truppen im Schutz des Nebels in die Stadt ein – Drohnen können unter solchen Verhältnissen lange nicht so effektiv operieren wie bei freier Sicht. Kleinere ukrainische Gegenstöße waren immer wieder erfolgreich, doch summa summarum wurden und werden die ukrainischen Streitkräfte immer mehr aus der Stadt gedrängt, werden Stützpunkte von den berüchtigten russischen FAB-Bomben dem Erdboden gleichgemacht.
Das bedeutet nicht, dass die russischen Streitkräfte ohne Verluste vormarschieren: Vor allem durch Drohnen, Artillerie und teilweisen Luftangriffen wird der Vormarsch verlangsamt und kostet einen hohen Blutzoll.
Mechanisierte Verbände im Stadtzentrum
Doch die Tatsache, dass ukrainische Drohnen mittlerweile Panzer nahe dem Zentrum von Pokrowsk finden und zerstören, zeigt – neben der Erfolgsmeldung aus ukrainischer Sicht –, dass sich mittlerweile nicht nur Infanterie, sondern bereits mechanisierte Verbände im Inneren der Stadt befinden. Sprich, die russischen Streitkräfte Pokrowsk wohl bald als Basis für weitere größere Angriffe gegen neu errichtete ukrainische Verteidigungsstellungen weiter nördlich oder weiter westlich nutzen dürften.
Die vollständige Einnahme – wie es Gerassimow behauptet – ist wohl tatsächlich noch nicht erfolgt. Die Kontrolle über Stadtzentrum und die Feuerkontrolle über alle wichtigen Versorgungswege der Stadt hat Russland jedoch bereits seit Längerem erlangt. Dieser Fakt ist ausschlaggebend für Mirnohrad, einen Ort östlich der Stadt: Dort kämpfen seit Wochen ukrainische Verbände, mittlerweile ohne Aussicht darauf, sich zurückziehen zu können. Der letzte Versorgungsweg ist seit Wochen abgeschnitten.
REUTERS/Anatolii Stepanov
„Eisenstacheln“ zum Schutz vor Drohnen.
Versorgung nur noch per Drohne – verminte Gebiete
Auch der proukrainische und gut informierte Kanal „Deepstate“ spricht davon, dass eine Versorgung nur noch über Drohnen möglich sei. „Die Russen legen dort Hinterhalte, verminen das Gebiet und errichten sogar Sperren, etwa in Form von Stacheldraht. Das erschwert die Logistik durch dieses Gelände und stellt die Bewegungen in Richtung Myrnohrad massiv infrage“, heißt es.
Und die Lage für die eingeschlossenen Soldaten – je nach Quelle ein paar hundert bis zu 2.000 – wird von Tag zu Tag schwieriger. In ukrainischen …read more
Source:: Kurier.at – Politik



