ORF2-Doku „Im Schatten der RAF“: Als linker Terror Österreich in Atem hielt

Kultur
Im Schatten der RAF. Linker Terror in Österreich

In den 1970er Jahren versetzt linker Terror Europa in Angst. Separatisten in Frankreich, Spanien und Großbritannien verüben Anschläge. Dazu Terror in Italien und, vor allem, auch in Deutschland. 1976 gerät auch Österreich in diesen Sog. Mitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF) überfallen in der Wiener Innenstadt eine Bank und Waltraud Boock wird als erste RAF-Terroristin in einem österreichischen Gefängnis inhaftiert. 1977 folgt die spektakuläre Entführung eines der reichsten Männer des Landes: Walter Palmers.

Die Palmers-Entführung: Geldaktion und die Rolle von Gabriele Rollnik

Die neue „Menschen & Mächte“-Dokumentation „Im Schatten der RAF. Linker Terror in Österreich“ (22.30, ORF 2 und ORF ON) von Gregor Stuhlpfarrer beleuchtet nicht nur den Kriminalfall, der mit der Zahlung von Lösegeld und der späteren Verhaftung von Mittätern endete, sondern stellt auch größere Zusammenhänge der „Geldaktion“, wie es Gabriele Rollnik nennt, her. Sie war als Mitglied der linksextremen „Bewegung 2. Juni“ führend an der Palmers-Entführung beteiligt, 1981 wurde sie zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. „Wir hatten alle möglichen Leute ins Visier genommen“, sagt Rollnik in der ORF-Doku.

Österreich war also sehr wohl ein Spielfeld für den deutschen Links-Terrorismus, aber auch ein Rückzugsgebiet. Eine Eskalation wie im Nachbarland, wo vom „Staatsnotstand“ die Rede war, hat hier aber nicht stattgefunden.

Deutschland vs. Österreich: Bruno Kreiskys anderer Weg

Tom Matzek, ORF-Hauptabteilungsleiter Wissen, erklärt das im KURIER-Gespräch an der unterschiedlichen Haltung der Staatsspitze damals: Während SPD-Kanzler Helmut Schmidt auf die Autorität des Staates pochte, war SPÖ-Chef Bruno Kreisky stets der Meinung, „man muss mit seinem Gegenüber reden.“

  Eiserner Vorhang der Staatsoper 2026 mit Werk von Herbert Brandl

ORF/Martin Gerhartl/ORF

Kreiskys Vorgabe, „man muss mit seinem Gegenüber reden“, setzte Ex-Innenminister Karl Blecha auch in nahezu unmöglichen Konstellationen um

In Deutschland ging die Polizei gegen die 68er Protesten auf der Straße „relativ gewalttätig vor, was tatsächlich zu einer weiteren Radikalisierung und größerer Gewaltbereitschaft geführt hat.“ Über die Staatsgrenze hinaus. In Österreich versuchte man, „Märtyrer“, die Sympathisanten befördern, zu verhindern. Dazu kam die Präsenz von US-Truppen in Deutschland, was der Vorarlberger Palmers-Entführer Thomas Gratt einst mit dem Satz „Vietnam war nebenan“ auf den Punkt gebracht hat.

Reformen als Mittel gegen Radikalisierung in den 70ern

Eine Schlüsselrolle in Österreich hatte dabei der damalige SPÖ-Zentralsekretär Karl Blecha inne, der „immer sozusagen der Mann fürs Grobe von Bruno Kreisky war“, wie Matzek sagt. Blecha, der auch Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts IFES war, habe genau gewusst, was die Gesellschaft bewegt. Die SPÖ habe unter dem Motto „links von der SPÖ darf es auch nichts geben“ versucht, Radikale einzufangen – nicht nur durch Rhetorik, sondern vor allem durch Reformen wie die Familien- und Justizreformen der 70er Jahre. „Die Bilanz ist positiv“, sagt Blecha in der Doku über das Bemühen, die Radikalisierung einzuhegen.

Und die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz meint dazu: „Hätten wir die sozialpolitischen Reformen dieser Jahre nicht gehabt, hätten wir uns schon damals in harte Gruppen ausdifferenzieren müssen.“

ORF/Walter Reichl

Stellte sich den ORF-Fragen für die Doku: Gabriele Rollnik, ehemaliges Mitglied der linksextremen „Bewegung 2. Juni“

In der Doku zu Wort kommen zudem u. a.  der Ex-Abgeordnete Peter Pilz,  die Musikerin Beatrix Neundlinger („Schmetterlinge“) und Sabine Mathis, die Schwester von Thomas Gratt. Die Interviews mit den österreichischen Palmers-Entführern – neben Gratt auch Reinhard …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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