Freizeitwohnsitze: Tirols Bürgermeister drängen auf Legalisierung

Wirtschaft
46-220585402

Dass Gäste zum Problem werden, das passt nicht in einen Wintersportort. In prominenten Tiroler Gemeinden wird um die Freizeitwohnsitze gestritten. Um die illegal genutzten und um neue, die nicht entstehen dürfen. Das Klima sei vergiftet, die Vernaderung groß, Zuzug gibt es keinen mehr, weil es ihn zu Freizeitzwecken nicht geben darf. Manche „Gäste“ ziehen sogar weg. Vier Bürgermeister mahnen zur Einsicht und legen ein neues Konzept vor. Sie wollen den „Qualifizierten Zweitwohnsitz“.

KURIER: Die Debatte um die Freizeitwohnsitze eskaliert: Es wird angezeigt, verfolgt. Was ist da los?

Klaus Winkler, Kitzbühel: Wir haben durch die derzeitige Regelung, die ich für untauglich halte, ein großes Problem. Es kommt zur Vernaderung, Bespitzelung, es werden massive Kontrollmaßnahmen verlangt. Die Stimmung in der Bevölkerung ist schlecht. Dadurch entsteht über die Grenzen hinaus ein riesiges Imageproblem für unser Land. Das alles schlägt sich negativ auf die Wirtschaft nieder. Ein Zustand, der nicht mehr tragbar ist.

Helmut Berger, Kirchberg: Es ist ein Problem quer durch die Gemeinden, quer durch alle Parteien. Es ist ein Hilferuf für unsere Region. Es gibt eine gesetzliche Lage, die Bürgermeister sind aufgefordert, bei Anzeigen Ermittlungen zu veranlassen. Das kostet viel Geld, aber der Nutzen ist gering. Es ist ein Trugschluss zu glauben, damit Wohnraum zu schaffen. Weil diesen Wohnraum können sich die Einheimischen ohnehin nie leisten.

Günter Resch, Jochberg: Der wirtschaftliche Schaden ist enorm. Wir haben aber auch ein gesellschaftliches Problem: Wir spalten die Gemeinschaft und machen einige wenige stark, die glauben, sie müssen Polizei spielen.

  Ein Paar zieht aus: An wen muss der Vermieter die Kaution auszahlen?

Stefan Seiwald, St. Johann: Die gesetzliche Regelung ist vielleicht gut gemeint, aber schlecht getroffen. Das geht vollkommen am Zweck vorbei. Für die Dorfgemeinschaft ist es furchtbar: Vernaderung, selbst ernannte Sheriffs, Leute, die mich, den Bürgermeister angezeigt haben, weil ich tagsüber nicht zu Hause bin. Wir Bürgermeister wollen nicht, dass ein illegaler Wohnsitz legal gemacht wird, aber es braucht eine Lösung.

Berger: Es gibt aktuell keine Gewinner, nur Verlierer – die Gemeinden, das Land, der soziale Frieden und die Wirtschaft leiden.

kurier/Martin Stachl

Bürgermeister aus Tirol: Stefan Seiwald, St. Johann; Klaus Winkler, Kitzbühel; Günter Resch, Jochberg; Helmut Berger, Kirchberg.

Von wie vielen Gunstgemeinden reden wir eigentlich?

Winkler: Es sind 20 Hotspot-Gemeinden von 274 Tiroler Gemeinden. Sie verdienen mehr als 100.000 Euro mit den Freizeitabgaben. Kitzbühel verdient 800.000 Euro.

Sie haben sehr unterschiedliche Zahlen bei den Freizeitwohnsitzen. Wie kommen die zustande?

Berger: Es gibt die 8-Prozent-Obergrenze für Freizeitwohnsitze, die in vielen Orten früh überschritten wurde. Es gab 1994 eine gesetzliche Sanierung, 2011 nochmals. Dann wurde eingefroren: Seither darf ein Freizeitwohnsitz nicht mehr genehmigt werden, nur in ganz wenigen Ausnahmefällen.

Wo liegt für Sie die Lösung des Problems?

Winkler: Wir haben seit 30 Jahren die gleiche Rechtslage. Aber die ist überholt, weil sich das gesellschaftliche Verhalten geändert hat. Wir haben Reformbedarf und ein Konzept erstellt: Wir wollen den „qualifizierten Nebenwohnsitz“. Jede Gemeinde soll das für sich festlegen. Kriterien können sein: Auto-Anmeldung, Mitglied in einem Verein, Beteiligung am Gemeindeleben – was der Gemeinde wichtig ist. In Anlehnung an das Steuerrecht mit einer Mindestaufenthaltsdauer von 70 Tagen, weil die Person dann unbeschränkt steuerpflichtig ist. Wir wollen die Tür einen Spalt öffnen, um Zuzug zu ermöglichen. …read more

Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

(Visited 1 times, 1 visits today)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.