Aus Europa, für Europa: EU sucht Lösungen für Engpässe bei Antibiotika

Wirtschaft

Gutscheine, die bekommt üblicherweise zu Weihnachten der Onkel, der sich demonstrativ nichts wünscht. Gutscheine für Unternehmen? Die will jetzt die EU-Kommission ausstellen, und zwar für Arzneimittelhersteller. Wenn die ein neues Antibiotikum entwickeln, testen und einsatzbereit machen, dürfen sie im Gegenzug für einen ihrer Kassenschlager – etwa ein Schlankheitsmittel wie Ozempic – ein Jahr länger den Patentschutz beibehalten.

Eine ungewöhnliche Lösung für ein außergewöhnlich heikles Problem, wie der Arzt und EU-Abgeordnete Peter Liese erklärt: „Wir müssen irgendwie das Versagen des Marktes bei Antibiotika bekämpfen.“ Über Jahre hat sich der Deutsche CDU-Abgeordnete in der EU-Kommission für eine solche Lösung und andere Maßnahmen stark gemacht. Mindestens zehn Jahre, wie er gegenüber dem KURIER erklärt, „und jetzt passiert endlich wirklich etwas.“ Marktversagen bei Antibiotika, das heißt, es gibt – mit einer Ausnahme – eigentlich keine durchgängige Entwicklung und Produktion von Antibiotika mehr in Europa. Die Produkte kommen fast alle aus China oder Indien. Das macht sie zwar für den Patienten vergleichsweise billig, dafür aber ist die Versorgung störungsanfällig.

Als die Pandemie den Welthandel lahmlegte, gingen den heimischen Apotheken die Medikamente aus, etwa Antibiotika für Kinder. China demonstriert außerdem immer häufiger, dass es bereit ist, seine Marktmacht auch politisch einzusetzen.

Plötzlich unwirksam

Dazu kommt, dass es immer mehr krankheitserregende Bakterien gibt, gegen die die gängigen Antibiotika unwirksam sind. Die oft unnötige Einnahme von Antibiotika – etwa bei rein viralen Erkältungen – die dann oft noch frühzeitig abgebrochen wird, treibt diese Entwicklung voran. Dazu kommt noch der Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung, um Seuchen vorzubeugen, aber auch als Wachstumsbeschleuniger.

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Gegen diese Krise, die Liese als „absolut akut“ bezeichnet, will die EU in mehreren Schritten vorgehen. Bereits beschlossen und damit fürs nächste Jahr startklar, ist das „Pharma-Paket“. Das enthält die erwähnten Gutscheine für die Hersteller, verpflichtet die aber auch, jeden sich abzeichnenden Mangel an Antibiotika der EU-Medizinagentur EMA zu melden.

Außerdem soll die ärztliche Verschreibungspflicht für Antibiotika die, anders als in Österreich, in vielen EU-Länder sehr nachlässig gehandhabt wird, strenger werden. Den Ärzten wiederum will man eine genauere Diagnose – etwa durch Blutabnahme – vor der Verschreibung verordnen. Das ist zumindest einmal der Wille der EU-Politik. Ob sich der in den Ländern und gegen ärztliche Interessenvertreter durch durchsetzen lässt, ist abzuwarten. Einfach durchzusetzen ist wohl der Extra-Beipackzettel in den Packungen, auf dem klar gemacht werden soll, wie man richtig und verantwortungsvoll mit Antibiotika umgeht.

„Made in Europe“ fördern

Das Problem wirklich lösen, wird aber erst die EU-Verordnung zu „kritischen Arzneimitteln“, die derzeit noch verhandelt wird. Die sieht unter anderem vor, dass für die Produktion von Arzneimitteln in Europa die Genehmigung zum Bau von Anlagen stark vereinfacht und beschleunigt werden soll. Auch mit heiklen umweltrechtlichen Bedenken will man dann großzügiger umgehen. Außerdem soll bei der Beschaffung und Finanzierung von Medikamenten – etwa durch Krankenversicherungen – in Zukunft nicht nur der Preis zählen, sondern auch die Tatsache, dass die in Europa hergestellt werden und verlässlich verfügbar sind. Auch großzügigere nationale Förderungen durch einzelne EU-Länder – bisher durch das EU-Recht beschränkt – sollen dann möglich sein.

Österreich ist da ohnehin einen Schritt weiter. Die Antibiotika-Produktion in Kundl in …read more

Source:: Kurier.at – Wirtschaft

      

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