Eine Liebeserklärung: Warum wir das Traumschiff brauchen

Kultur
Das Traumschiff

Das Reglement des Spiels ist denkbar simpel: Sobald die Gäste bei Hoteldirektorin Hanna Liebhold einchecken und an Bord gehen, hat jedes Familienmitglied noch einige Momente Bedenkzeit. Dann gilt es die finalen Tipps abzugeben: Was befindet sich im Koffer des mysteriösen, allein reisenden Herren? Verliebt sich die toughe Firmenchefin wirklich in ihren Mitarbeiter? Und werden die Kinder die neue Frau ihres Vaters, die überraschend mit auf Reise geht, akzeptieren?

Kein Fest ist so von lieb gewonnenen Traditionen und Ritualen geprägt wie Weihnachten. Das Lieblingslied vor dem Baum: „Es wird scho glei dumpa“. Die Festtagsspeise: Fondue und (am Christtag) den gefüllten Truthahn. Und, ja, das „Traumschiff“. In unserer Familie ist es, seit man sich erinnern kann, Teil des festlichen Rituals – und als solches vielleicht sogar wertvoller als Gesang und Geschenk oder Speis und Trank.

Das Traumschiff hat eine verbindende Kraft, drei Generationen sitzen vor dem Fernseher. Jogginghosen sind erlaubt, der Snack wird alljährlich ungeduldig erwartet: ein prall mit den Truthahnresten gefülltes Baguette. Selbst physische Abwesenheit ist kein Entschuldigungsgrund – geschaut wird, wo auch immer man gerade ist; die Tipps zum Plot können auch via Whatsapp ausgetauscht werden.

Man mag uns milde belächeln, aber die Tradition hat tieferen Sinn und Wert: Die Traumschifffolge am 26. Dezember markiert das bewusste Ende der oft stressigen Feiertage; die Gäste sind gegangen, die gebügelten Hemden und schönen Kleider sind abgelegt; die feinen Pasteten gegessen. Aber gerade jetzt finden die Familienmitglieder wirklich zu sich – und zueinander.

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Aber muss es dafür denn wirklich das „Traumschiff“ sein? Ja, muss es. Gründe für die anhaltende Beliebtheit des Formats, das seit 1981 produziert wird und 2026 damit sein 45-Jahr-Jubiläum feiert, gibt es mehrere. Damit dem so bleibt, ist nichts dem Zufall überlassen. Die Serie folgt einer genauen Choreografie. Der mittlerweile verstorbene „Traumschiff“-Erfinder Wolfgang Rademann formulierte das Erfolgsrezept in einem Interview einst als mathematische Formel: „Liebe (mit Herz) + Exotik (mit Palmen) + Humor (ohne Klamotte) + Spannung (ohne Mord) = Traumschiff-Erfolgsquote.“

ORF/Dirk Bartling

Tatsächlich ist das „Traumschiff“ ein Fenster zur Welt. Es ermöglicht seinem Publikum virtuelle Reisen an Orte, die es vielleicht sonst nie erleben wird. Auch in den anstehenden zwei Neuausstrahlungen ist dafür gesorgt: Am 26. Dezember nimmt das Schiff Kurs auf die Südseeinsel Bora Bora, in der Neujahrsfolge geht es (zum zweiten Mal) nach Südafrika, konkret nach Madikwe, ein Wildreservat an der Grenze zu Botswana. (Auch hierzu gibt es Zahlenspiele, die sich überprüfen lassen: Jede Folge spielt traditionell zu 40 Prozent an Land und 60 Prozent an Bord.)

Als weiterer Erfolgsfaktor gelten die Publikumslieblinge, aus denen sich die Crew zusammensetzt. Max Parger, gespielt von Florian Silbereisen, ist der fünfte Kapitän des „Traumschiffs“. Die Besetzung des Postens ist kulturpolitisch ähnlich brisant wie jene von James Bond und Jedermann.

Noch wichtiger ist vielleicht nur die Chefstewardess, die man – ja, die Zeiten ändern sich – mittlerweile Hoteldirektorin nennt und die sogar einen Nachnamen tragen darf. Heide Keller, die die Rolle prägte, war stets nur als Beatrice bekannt. (Dass ihr die Produzenten irgendwann in einem Anflug von emanzipatorischer Wertschätzung den Nachnamen „von Ledebur“ zugestanden, änderte wenig.) Mittlerweile hat längst …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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