
Auch wenn „The Dark Side Of The Moon“ das beste Album der Rockgeschichte sein mag, es ist nicht das beste von Pink Floyd. An diesen schönen Fankalauer darf man sich dieser Tage mal wieder erinnern.
Denn jenes Album, das wohl das schönste von Pink Floyd ist (welches das beste ist, lesen Sie am Ende des Artikels) darf seinen 50. Geburtstag mit einer jener prachtvollen Neuveröffentlichungen feiern, mit der die britischen Streithanseln schon seit einiger Zeit auf hocherfreuliche Art ihren Nachlass aufbereiten. Die Neuauflage „Wish You Were Here 50“ wäre all das gewesen, was man als junger Pink-Floyd-Fanatiker gerne gehabt hätte.
Heute ist es vor allem die Gelegenheit, diese betörenden Klänge von Schönheit, Entfremdung und Verlust wieder ins Leben zu holen.
Das Album aus dem Jahr 1975 mag das schwierigste der Rockgeschichte gewesen sein: Wie findet man zu einem Nachfolger zum erfolgreichsten Album, das man je gemacht haben wird, das überhaupt je jemand gemacht hat? „Dark Side Of The Moon“ (1973) hatte soeben David Gilmour, Nick Mason, Roger Waters und Richard Wright in den Legendenstatus katapultiert (und reich gemacht). Nicht die besten Voraussetzungen für das nächste Album.
Umso erstaunlicher diese federleichte Luftigkeit, mit der „Wish You Were Here“ (1975) anhebt: Die ätherischen g-Moll-Glasschwingungen von „Shine On You Crazy Diamond“ sind das Gegenstück zur Geschäftigkeit von „Dark Side“. Auf die großen Fragen des Lebens – Zeit, Tod, Geld, Krieg, Wahnsinn –, die auf dem Hitalbum abgearbeitet wurden, folgt die gedehnte Melancholie.
Die Neuauflage von „Wish You Were Here“ nun ist nicht zuletzt ein technisches Gustostück. Denn so schön das Original auch ist, die Drums sind verwaschen, die Stimmen reizten die Klangauflösung der Vinylalben aus. Nun aber klingt auf einem neuen Mix von „Shine On“, der den getrennten Song zusammenpickt, Waters’ Stimme plötzlich schon 1975 wie der gequälte Pink von „The Wall“ (1979).
Das hat man so noch nie gehört, allein dafür lohnt sich das Anhören.
Hinter den Kulissen
Bei jenen Songs, die man tausend Mal hört im Leben, hat man immer das Gefühl: Die müssen so sein. Dass das nicht stimmt, zeigen die früheren, rohen Versionen von „Shine On“, „Welcome To The Machine“, „Have A Cigar“ und „Wish You Were Here“. Die ewigen Herumbastler Pink Floyd legen hier ihre Werkstatt offen, Songteile fehlen, Stimmen stolpern. Man ist erst auf dem Weg zu einem Meisterwerk.
Der Weg führte über Live-Performances der Songs, bevor sie auf das Album gepackt wurden; auch die gibt es nun offiziell. Dazu noch eine ganze Live-Aufnahme von „Dark Side“ und eine „Echoes“-Version, die zwei grauenhafte Saxofonsoli mit sich herumtragen muss (dafür fehlt das Saxofon auf der Live-Version von „Shine On“, und das ist auch gut so).
Über eines freut man sich aber ein wenig weniger: dass auch Liveversionen von „Raving and Drooling“ und „You Gotta Be Crazy“ enthalten sind, jene Songs, aus denen das Album „Animals“ (1977) wurde, das Zwischenalbum zu den drei großen.
Es wird demnach wohl 2027 keine Neuauflage erhalten. Schade. Denn man kann gut argumentieren, dass es das beste von Pink Floyd ist.
Source:: Kurier.at – Kultur



