Von dramatisch bis banal – „111 Actionszenen der Weltliteratur“
Zugegeben, das Wort „Actionszenen“ ist etwas reißerisch. Aber die Ironie geht in Ordnung, wenn es darum geht, Interesse für Weltliteratur zu schüren.
Gemeint sind hier unerhörte oder spektakuläre Begebenheiten im Leben ebendieser Schöpfer von Weltliteratur. Von aufsehenerregenden Unfällen (Antoine de Saint-Exupéry), Gefängnisaufenthalten (Theodor Fontane), Messerangriffen (Norman Mailer) bis hin zu kuriosen Hausbesuchen (Susan Sontag bei Thomas Mann). Ob all das auch so passiert ist, ist nicht immer klar, oft verschwimmen die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit, aber das ist ja nicht nur bei Schriftstellern so. Wer hatte denn tatsächlich die Kindheit, von der er als Erwachsener berichtet? Von Herta Müller wird hier jedenfalls erzählt, sie hätte als Kind ihr Akkordeon im Brunnen versenkt – das klingt so seltsam, dass es stimmen muss.
Der Band „111 Actionszenen der Weltliteratur“ basiert auf einer Reihe, die seit 2019 in der Welt am Sonntag erscheint. Mara Delius und Marc Reichwein haben die von verschiedenen Autoren beschriebenen Begebenheiten zusammengestellt.
Hinreißend ist etwa besagte Begegnung der 16-jährigen Susan Sontag mit ihrem Literaturhelden Thomas Mann 1949 in dessen Haus in Kalifornien: „Thomas Mann sieht exakt so aus wie auf einem Thomas Mann-Foto.“ Bemerkenswert ist auch die Geschichte, als Kurt Tucholsky 1923, mit 33 Jahren, beschloss, neu anzufangen, weil er von seinen Autorenhonoraren nicht mehr leben konnte. Er wurde Bankenlehrling.
Man mag kritisieren, dass hier Kraut und Rüben versammelt sind. Ernste, dramatische ebenso wie schlicht eigentümliche Momente. Aber so ist das ja eigentlich immer im Leben.
CoVER
M. Reichwein, M. Delius (Hg.):
„111 Actionszenen der Weltliteratur“. Die Andere Bibliothek.
.348 S. 27, 50€
Source:: Kurier.at – Kultur