„Biedermann und die Brandstifter“: Der Feuerteufel aus Bayern

Kultur

Regisseurin Stephanie Mohr bemühte sich in der Josefstadt redlich um ein abendfüllendes Stück. Im Endeffekt gelang es ihr nicht.

Floridsdorf ist zwar blau geworden mit der Nationalratswahl, aber von einem Flächenbrand zu sprechen, wäre – aus Wiener Sicht – wohl übertrieben. Zumal die Josefstadt wieder rot ist. In düsteren Vorahnungen hat Herbert Föttinger, der Direktor des Theaters in jenem Bezirk, aber „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch angesetzt – ein „Lehrstück ohne Lehre“ und somit vergebliche Liebesmüh: Die Menschen werden eben nicht weiser. Sie fallen immer wieder auf jene hinein, die sich ganz harmlos als willfähriges Werkzeug anbieten.

Zwei echte Prachtexemplare nisten sich bei Frisch im Eigenheim des Herrn Gottlieb Biedermann ein, der sich einfach nicht zu helfen weiß gegen die argumentativ überlegenen, großartig manipulativen Verbrecher, die aus purer Freude an der Vernichtung alles in Brand stecken.

Zünftige Lederhose

Nini von Selzam hat sie in der Josefstadt halb verräterisch eingekleidet: Dominic Oley als arbeitsloser Kellner trägt zu seinem Frackoberteil eine dreiviertellange, zünftige Lederhose. Und Robert Joseph Bartl als dessen bayerischer (warum?) Spezi Sepp eine Trachtenweste über dem rot karierten Hemd. Im gut- wenn nicht gar großbürgerlichem Hause Biedermann hingegen legt man auf Eleganz und graue Dreiteiler wert. Doch die Grenzen haben sich in der Realität – man denke an den Neustifter Kirtag – längst verwischt.

Hinzu kommt: Robert Joseph Bartl ist erdrückend fulminant, auch wenn er sich, anders als bei Frisch, als Federgewicht bezeichnet. Sein Ringer Schmitz macht es sich nonchalant bei Biedermanns gemütlich. Von Manieren hat er, wie die Eliza in „My Fair Lady“, keine Ahnung: Die Essensreste zwischen den Zähnen kletzelt er mit dem Zeigefinger heraus. Dem hilflosen Gottlieb Biedermann des Marcus Bluhm geschieht eine solche Lästwanze durchaus recht. Denn der geht mit dem loyalen Mitarbeiter Knechtling mindestens genauso mies um wie der Jedermann mit dem Schuldknecht.

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Witziges Vorspiel

Die Warnung von Frisch verpufft daher, auch wenn Stephanie Mohr vieles richtig gemacht und eine herzhafte, mitunter absurde Komödie inszeniert hat. Das ansprechende Bühnenbild von Miriam Busch, ein filigraner Bungalow mit integriertem Nadelbaumbestand (der besonders gut brennt!), belässt das Stück in seiner Entstehungszeit. Bloß die Yoga-Matte der Gemahlin (Alexandra Krismer vorschriftsmäßig hysterisch) und deren Pumps passen ganz und gar nicht.

Der Auftrag dürfte leider gelautet haben, eine abendfüllende Produktion mit Pause (völlig unnötig) zu kreieren. Stephanie Mohr erfand daher ein ungemein witziges Vorspiel: Der Chor der Wiener Feuerwehrfrauen verliest nicht ganz sattelfest im Slang die Verordnungen bezüglich des Verbots, auf der Bühne zu rauchen. Und sie peppte das „Lehrstück ohne Lehre“ zwischendurch wie am Ende mit dem Nachspiel in der Hölle auf, zu dem sich Frisch nach der missverstandenen Uraufführung 1958 veranlasst sah. Doch diese alptraumartigen Szenen verwirren nur – und bringen keinerlei Erkenntnisgewinn.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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