Großformatige Fotografien in brillanten Farben liefern einen umfassenden Einblick in die National Gallery am Trafalgar Square.
Ein Tempel der Malerei im Herzen Londons: Mehr als 2.300 Bilder beherbergt die National Gallery am Trafalgar Square. Entworfen wurde das von 1832 bis 1838 errichtete Gebäude vom Architekten William Wilkins. Werke vom Mittelalter bis zur Moderne machen das Museum zu einer der bedeutendsten Gemäldegalerien der Welt. „Besichtigen“ lässt es sich nun aber auch ohne Reise in Englands Hauptstadt anhand eines gewaltigen Bildbandes anlässlich eines runden Jubiläums.
Massimo ListriEine kiloschwere Würdigung
„The National Gallery. Paintings, People, Portraits“ heißt das 6,5 Kilo schwere, nicht gerade billige Buch, das nicht nur mit seinem Gewicht beeindruckt. Es zeigt in brillanten Farben mehr als 200 Gemälde aus der Zeit vom 13. bis zum 20. Jahrhundert, darunter Meisterwerke berühmter und vergessener Künstler. Öffnet man die Publikation, erweckt es den Eindruck, man betritt die Säle: Fotografien von Massimo Listri durch die Korridore geben ersten Einblick auf was da kommt – so sieht man im Hintergrund etwa George Stubbs‘ (1724-1806) Pferdebild „Whistlejacket“ (weiter hinten im Band auch groß).
Über zwei Jahrhunderte verzeichnete die Galerie – vor 200 Jahren gegründet und 1838 an ihren heutigen Sitz gezogen – mehr als 300 Millionen Besucherinnen und Besucher. Lucian Freud habe einmal gesagt: „Ich gehe in die National Gallery, als würde ich zum Arzt gehen“, schreiben die Herausgeberinnen Anh Nguyen und Rebecca Marks im Vorwort. Von Anfang an habe das Haus darauf abgezielt, „Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zu inspirieren“. In einer Einleitung erörtert Christine Riding, Direktorin für Sammlungen und Forschung der Galerie, die Entwicklung des Bildersammelns in Großbritannien, die zur Gründung der National Gallery führte.
National GalleryBilderbotschafter bringen ihre Lieblinge näher
Um die Wirkung des Museums auf die Besucher einzufangen, wurden für die Publikation 25 „Botschafter“ aus verschiedenen Bereichen – von Malern über Studenten und Schauspieler bis hin zu Architekten – eingeladen, ein Lieblingsgemälde auszuwählen und zu beschreiben, was es ihnen bedeutet. Dadurch erhält man quasi eine persönliche Führung, bevor der Band durch die vertretenen Epochen der Malerei anhand von kompakten, aber keinesfalls oberflächlichen Texten (in Englisch) und großformatigen Abbildungen (manchmal über zwei Seiten) führt.
„Ich schaue mir gern lange, lange Zeit Bilder an. Bei Gemälden kann man nie genau wissen, wie oder warum sie einen berühren: was sie sind“, so David Hockney, einer der „Botschafter“, der Piero della Francescas „Taufe Christi“ vorstellt. „Aber man weiß, dass dies fantastisch ist – ein wirklich großartiges, großartiges Gemälde.“ Ai Weiwei wiederum würdigt Paul Cezannes „Badende“, ein Kunstwerk, „das seiner Zeit voraus ist.“
Mark Seelen
„National Gallery“. 582 Seiten. Euro 175. Taschen Verlag
Der beeindruckendste Abschnitt des fast 600 Seiten umfassenden Bandes ist der Hauptteil mit den Fotografien der Gemälde. Die visuelle, chronologische Reise durch die Jahrhunderte mit Werken von Duccio, Van Eyck, Raffael, Tizian, Rembrandt, Vigée Le Brun, Gainsborough, Morisot, Matisse und vielen anderen kann durchaus auch auf Papier im eigenen Wohnzimmer begeistern. Und für einen „richtigen“ Londontrip samt Besuch der National Gallery ist man bestens vorbereitet.
INFOS: Annetta Berry, Christine Riding, Anh Nguyen, Rebecca Marks: „The National Gallery. Paintings, People, Portraits“, Texte in Englisch, Taschen Verlag, 582 …read more
Source:: Kurier.at – Kultur