
„Oooh Vienna“. Wie Bryan Adams sein Konzert in der Wiener Stadthalle beginnt, ist überraschend. Nicht nur, weil die ersten paar Töne nicht von einem seiner Songs kommen, sondern ein Fragment des Refrains des Ultravox-Klassikers „Vienna“ sind. Adams steht dabei allein auf einer kleinen Bühne am hinteren Ende der Halle und startet die „Roll With The Punches“-Show anstatt mit voller Rock-Power mit leisen, akustischen Versionen seiner Hits „Can`t Stop This Thing We Started“ und „Straight From The Heart“.
Der Effekt ist der gleiche: Der 66-Jährige hat die 11.000 Zuschauer in der ausverkauften Halle augenblicklich auf seiner Seite. Denn die Power kommt vielleicht nicht von lauten E-Gitarren, aber sie kommt von dem Enthusiasmus, mit dem er sich hier ins Zeug legt.
Brigitte Schokarth
Bryan Adams in der Wiener Stadthalle
Als Adams durchs Publikum auf die Hauptbühne zu seiner Band geht, leuchten die Armbänder rot auf, die den Zuschauern am Eingang ausgehändigt wurden. Originell ist das nicht. Diesen Trick haben Coldplay seit 2012 in ihrem Programm. Effektiv ist es schon. Als mit dem wuchtigen „Kick Ass“ die ganze Band einsteigt, blinken sie wie verrückt, machen den Moment beeindruckender, als der Song allein wäre. Der rockt zwar flott dahin, ist aber von der Melodie her einfallslos und von der Aussage her seicht.
Dieses Manko haben einige der Songs von Adams, die seit Beginn seiner Karriere in den frühen 80er-Jahren nach der immer gleichen Formel gestrickt werden. Vor allem bei den jüngeren hat man das Gefühl, die harmonischen Wendungen, die Melodien und die Inhalte (verschmähte oder glühende Liebe und der Rock-Lebensstil) bei Adams Welthits schon zur Genüge gehört zu haben. Viel besser noch dazu.
Aber der Kanadier, der auch als Fotograf tätig ist, weiß die Simplizität mancher Songs gut auszugleichen. Bei „Roll With The Punches“ zum Beispiel, dem Titelsong seines im August erschienenen neuen Albums, schwebt ein aufblasbarer Boxhandschuh durch die Halle, dreht sich wie ein Kreisel, wenn die Musiker am Schluss enthemmt in die Saiten hacken. Schon hat ein Song, der auf der CD wie ein müder Abklatsch von Adams kreativer Glanzzeit klingt, einen Höhepunkt in die Stadthalle gezaubert.
Brigitte Schokarth
Fliegender Boxhandschuh bei Bryan Adams Show
Und das macht klar: Adams Bühnen-Glanzzeit ist jetzt. Er ist ein Routinier, der nie aufgehört hat, zu lieben, was er tut, nie seine unbändige Spielfreude verloren hat. Dadurch schafft er es, auch weniger bekannte, weniger gute Songs im Konzert mit Leben zu füllen. Außerdem führt er unprätentiös und mit viel Humor durchs Programm. Er begrüßt die Wiener mit „Servus“, weil er als Sohn eines Diplomaten mit sieben Jahren für sechs Monate in Wien gelebt hat und weiß, wie man hier „Hallo“ sagt.
Bei seinem Rockabilly-Song „You Belong To Me“, fordert er die Männer auf, das T-Shirt auszuziehen und überm Kopf im Kreis zu drehen. Erst sind die Wiener da ein bisschen schüchtern. Adams unterbricht den Song nach ein paar Takten, sagt grinsend „Ihr sollt nicht glauben, dass ihr das tun müsst . . . aber nett wär’s schon!“ Tatsächlich animiert das nicht wenige, sich dem Moment hinzugeben und obenrum nackt hemmungslos abzutanzen. Das Cover von „Twist And …read more
Source:: Kurier.at – Kultur



