„Bunbury“ in Linz: Ein Name und jede Menge Chaos

Kultur

Von Werner Rohrhofer

„Bunburisieren“ ist ein Modewort, das so viel bedeutet wie „ein Doppelleben führen“. Der Ausdruck geht auf eine der bekanntesten Komödien der jüngeren Theatergeschichte zurück: “Bunbury oder die Bedeutung des Ernstseins“ von Oscar Wilde. Das Linzer Theater Phönix hat sich das Stück jetzt in einer neuen Inszenierung vorgenommen. Schrägt, skurril und turbulent, voll Situationskomik, die freilich phasenweise der Versuchung zum Klamauk nicht widerstehen kann. 

Der Ire Oscar Wilde (1854 – 1900) schrieb mit „Bunbury“ eine treffende Persiflage auf die sogenannte bessere Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert, auf Oberflächlichkeit, Standesdünkel und Schein statt Sein. Zwei Gentlemen, die ihrer Fadesse durch Abwechslung zu entgehen suchen, stehen im Mittelpunkt. Der eine – Algernon – indem er aus der Stadt aufs Land flüchtet, der andere – Jack – geht den genau umgekehrten Weg. Jeder der beiden erfindet für sich eine Art „alter ego“ und führt damit ein Doppelleben. Bunburisieren pur. Wobei der Name Ernst eine zentrale Rolle spielt. Zumal zwei junge Damen ihren Weg in die gehobene Gesellschaft dadurch anvisieren, dass sie nur einen Mann heiraten wollen, der Ernst heißt. Nicht die Person ist wichtig, nur der Name. Eine überkandidelte englische Lady und eine schein-moralische Pastorin ergänzen die Personentypologie, die Wilde vor dem Hintergrund der damaligen Verhältnisse und aus seiner persönlichen Lebensgeschichte heraus – als Homosexueller musste er ein Doppelleben führen – im Jahr 1895 entwarf. Verwicklungen sind vorprogrammiert und treten ein, bis sich das Ganze am Schluss aufklärt.

Treffend, aber überzeichnet

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Die Inszenierung von Simon Werdelis am Theater Phönix hält sich an Wilde, es wird nicht versucht, die eigentlich zeitlos gültige Thematik aus dem Rahmen Englands zur Wende zum 20. Jahrhundert herauszulösen. Treffend die Figuren, treffend die Pointen. Algernon (Sören Kneidl) und Jack (Lukas Weiss) sind glaubwürdig in ihrer „Ernst-haftigkeit“. Ebenso die jungen Möchte-gern-Ladies Gwendolen (Karina Pele) und Cecily (Melanie Sidhu) in ihrem Bemühen um einen „Ernst“. Lady Bracknell (Antonia Labs) und Pastorin Miss Prism (Gina Christof) sind genau so, wie man sie sich vorstellt.

Der zweite Teil – ohne Pause, aber mit kurzzeitiger Dunkelheit für den Bühnenumbau – spielt in einem „englischen Garten“, der ob seiner Überfülle an Blumen selbst eine Persiflage ist. Schade nur, dass in der Folge die Ereignisse in diesem Garten immer mehr von Turbulenz und Komik in Richtung Klamauk entgleiten. Da wird in der Erde gewühlt, dass jeder Maulwurf neidisch werden könnte, da wird von Männlein und Weiblein gerauft, man wälzt sich am Bühnenboden, um sich Sekunden später abzubusseln. Verfolgungsjagden rund um die Blumenarrangements, Revolverszenen und Blut zerstören nicht nur die vermeintliche Gartenidylle sondern auch die feine Klinge der Groteske. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Das Publikum jedenfalls zeigte sich begeistert, nach nicht ganz zwei Stunden des unterhaltsamen Nicht-Ernstes gab es anhaltende Ovationen. 

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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