
Elias Hirschl, Wiener Erfolgsautor der jungen Generation, war Stadtschreiber in Dortmund – und der Aufenthalt im Ruhrgebiet zeitigte den Roman „Content“. Eine Ich-Erzählerin berichtet äußerst detailliert von ihren Erfahrungen bei Smile Smile Inc. Diese Firma betreibt u. a. die erfolgreichsten Youtube-Kanäle mit Do-it-yourself-Kochrezepten, Bastelanleitungen, Fetischen und dem lustvollen Zerquetschen von Handys oder anderen Dingen. Die Angestellten produzieren also Content – wie am Förderband. Es liegt daher nahe, dass sich die Deutschland-Niederlassung in einer ehemaligen Zeche befindet.
Die Ich-Erzählerin berichtet also launig von ihrer Tätigkeit im Bergwerk der digitalen Welt – und den Kolleginnen. Karin etwa, die „40 bis 50 Listen über die besten Digimon-Fusionen der dritten Generation geschrieben hat“, geht die Sache mit viel Ernst an. Denn wenn man dem eigenen „Tun nicht wenigstens ein Minimum an Sinn andichtet, dreht man früher oder später komplett durch“.
Früher oder später drehen alle durch, die Welt ist aus den Fugen, die Apokalypse nicht mehr weit. Und die Erzählerin muss staunend feststellen, dass eine Doppelgängerin ihre Social-Media-Accounts bespielt: mit gefaktem Material.
Aslı Kışlal nahm dieses Durchdrehen allzu wörtlich: Ihre Dramatisierung, am Mittwoch im Schauspielhaus uraufgeführt, ist eine äußerst hochtourige Performance. Die SchauspielerInnen drehen sich auf ihren coolen Arbeitsstühlen gerne im Kreis und vollführen dabei Luft-Handgriffe. Zum Verschnaufen bleibt in den Eindreiviertelstunden keine Zeit: Eine grelle Episode reiht sich an die nächste, manche sind amüsant, alle übertrieben. Tina Keserović z. B. lässt ihren Journalisten in derbem Wienerisch sprechen. Zum Schluss hat sich die Ich-Erzählerin (Tala Al-Deen) aufgelöst – im Chor von fünf identen Figuren. Creepy, wie das Lieblingswort lautet. Zumindest die Kostüme von Nadine Abena Cobbina sind äußerst gelungen.
Source:: Kurier.at – Kultur