„Das Haus“ von Lisa Wentz: Haneke-Horror mit Übertragsstörung

Kultur

Die „erste postpandemische digitale Theaterproduktion“ der Burg enttäuschte verrätselt ob einer Flut an Bildern und Diskurs-Schlagwörtern

Ein Backstage-Drama kann hinreißend sein. Der nackte Wahnsinn eben, den Martin Kušej auf die Bühne brachte, samt Ignoranten und Wahnsinnigen, die in der Garderobe hocken (wie in der Komödie von Thomas Bernhard).

Nun ergänzte die Burg, die in der laufenden Saison auch noch „Burgtheater“ von Elfriede Jelinek herausbringen wird (über Paula Wessely und die Hörbigers in der NS-Zeit), die Reihe mit „Das Haus“ von Lisa Wentz: In einer Stunde steht die Uraufführung eines Stücks (eher einer Stückentwicklung?) an, in dem sich, wie auf der Website der Burg zu lesen ist, Mona Vönnig als „Spross einer legendären Wiener Schauspielfamilie“ mit den „Schatten ihrer eigenen Familiengeschichte“ beschäftigt. 

„Zu allem Überfluss“ taucht auch noch Monas übermächtige Mutter auf. Sie war als reale Figur auf der Bühne gecancelt worden, was sie aber nicht akzeptiert. Und sie sticht die Tochter nebenbei im TV-Interview aus. Die Regisseurin „versucht, alle Probleme gleichzeitig zu lösen“. Denn: „The show must go on.“

Und weil sich das Tohuwabohu hinter den Kulissen ereignet, entschloss sich die Burg zu einer gestreamten Umsetzung als „erste postpandemische digitale Theaterproduktion“ des Hauses. Wer sich allerdings auch nur den Anflug von Heiterkeit erhofft hatte, wurde enttäuscht. Denn Lisa Wentz hat schlagwortartig viel Theater-Diskurs eingearbeitet. Nebenbei werden Klassiker verbrannt, also nur die Kopfmasken, und die Maske Nestroys ist verschwunden, was den Darsteller Edi (Ernest Allan Hausmann) aus der Fassung bringt, weil seine Rolle ohnedies schon so klein ist.

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Thomas Trenkler

Tochter-Mutter-Konflikt vor der Mikro: Elisa Plüss und Sabine Haupt

Ein Klischee folgt aufs Nächste. Die Mona der Elisa Plüss ruft in ihrer Verzweiflung über die Mutter (Sabine Haupt) den Vater an, aber der Intendant weilt mit neuer Beziehung auf Mallorca …

Regisseur Roman Senkl lässt das Stück nicht hinter der Bühne spielen, sondern in den Katakomben. Andauernd wechseln die Perspektiven, es gibt auch ein bisschen Haneke-Horror, und Videos (angeblich aus 1995) werden hineingeschnitten: Ein dunkelhäutiges Mädchen bewegt sich durch die leeren Sitzreihen der Burg. Denn Mona will auch die Geschichte ihrer Schwester, die ums Leben gekommen ist, und die gemeinsame Theater-Kindheit (als „Prinzessinnen“) erzählen.

Thomas Trenkler

Angeblich würde sich das Spiel „live“ ereignen. Beweis gibt’s dafür keinen. Zum Einsatz kommen diverse KI-Verfremdungseffekte (3D Visuals: Nils Gallist). Zwischendurch gibt es auch eine Übertragungsstörung („Technical difficulties – Wir sind gleich wieder da!“), aber die könnte Teil der Inszenierung sein. Insgesamt wirkt die 65-minütige Produktion wie geschaffen für die legendäre ORF-Reihe „Kunststücke“.

Als Gag dürfen die User der Plattform Twitch nebenbei chatten und kommentieren. Aber auch da hält sich der Unterhaltungswert in bescheidenen Grenzen.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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