Den Göttern in die Seele blicken: Altenberger und Hörbiger als Urgewalten

Kultur

Lachen und Weinen, Gewalt und Zärtlichkeit, Tod und Leben: Mavie Hörbiger und Verena Altenberger lesen, schreien, flüstern und erzählen in Linz.

Sie wollen nicht gefallen, wollen nicht brav, manierlich und schön anzuschauen sein. Die Lacher im Publikum sind verhalten, was es am Mittwochabend im Linzer Schauspielhaus zu erleben gibt, ist keine leichte Kost. Und niemandem soll es leicht gemacht werden.

Die Texte, die Verena Altenberger und Mavie Hörbiger ausgesucht haben, sind krass. So krass, dass es manchmal schmerzt, dass es aufrüttelt und staunend macht: Was? Das traut sich jemand so zu formulieren? Oh ja, in der Tat.

„Den Göttern in die Seele blicken“ nennen die beiden Ausnahmeschauspielerinnen ihr knapp eineinhalbstündiges Programm. Gekonnt hüpfen sie nicht nur durch das gesprochene Wort, sondern auch durch Mimik und Gestik zwischen Trauer und Freude, Zärtlichkeit und Wut, Ohnmacht und Macht, zwischen Resignation und Aufstand hin und her.

Barfuß am Klavier

Musikalisch begleitet wird die dramaturgische Lesung von Clara Frühstück. Die Pianistin bespielt barfuß zwei Klaviere: einen strahlenden Konzertflügel und ein mit Nägeln und Gummi präpariertes Klavier, dunkel, krank, kaputt und düster. Die Dissonanzen, das Unvollkommene, das Kratzige fügt Frühstück perfekt in den Dialog der beiden Schauspielerinnen ein.

PETRA MOSER

Als Prolog lesen Hörbiger und Altenberger zwei Texte der französischen Autorin und Filmemacherin Virginie Despentes: Plädoyers für Selbstbestimmung und selbstgewählte Männlichkeit, Ehrgeiz und Brutalität, für das Recht lieber King Kong als Kate Moss zu sein. Was hier besonders einprägsam ist: Wie gut sich Hörbigers Hang zum Klamauk mit Altenbergers Ernsthaftigkeit für die Thematik verbinden.

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Der andere Ring der Nibelungen

Dann folgt die Erzählung „Undine geht“ von Ingeborg Bachmann, die Geschichte eines Wasserwesens, das sich nach einer Seele, nach einem menschlichen Leben sehnt. 

Zum Schluss werden zwei Fragmente aus „Der Ring des Nibelungen“ in einer Bearbeitung des Autors Necati Öziri gelesen, in denen der germanische Gott und Patriarch Wotan in Erscheinung tritt, gefolgt von seiner Lieblingstochter Brünhilde. Das ist nicht nur unglaublich stark, wild und kritisch, das ist vor allem auch komisch. Altenberger und Hörbiger harmonieren in der Rollenverteilung perfekt, generell spürt man, dass die beiden auch abseits der Bühne gut miteinander können.

PETRA MOSER

Entwickelt wurde das Programm eigentlich für das Wiener Burgtheater, wo es auch immer wieder zu sehen ist. Abgesehen davon gastieren die Künstlerinnen aber auch gerne abseits der Bundeshauptstadt damit auf diversen Bühnen.

Als das kongeniale Trio ausgepowert, aber sichtbar glücklich die Standing Ovations einheimst, ist klar: Das sind Urgewalten, die hier im bestmöglichen Sinne aufeinanderprallen. 

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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