Der Maler stand einst in regem Austausch mit Klimt und Co. Seine Werkschau veranschaulicht auch die politische Dimension der Künstlernetzwerke um 1900
Eine Sache, die kunsthistorische Ausstellungen so toll macht, ist die: In kaum einem anderen Format lässt sich durch das bloße Nebeneinander von Bildern oder Dingen so viel erzählen. Geschichten über persönliche Beziehungen, historische Ereignisse und den Geist einer Zeit finden sich da mitunter in einer Ecke eines Ausstellungsraums verdichtet.
In der Orangerie des Unteren Belvedere gelingt dieses Kunststück – wieder einmal, muss man in Erinnerung an so manch ähnlich geartete Ausstellung sagen, die hier historische Verbindungslinien aufflackern ließ. Was ein Finne mit dem Namen Akseli Gallen-Kalela im Annex des Barockpalais zu suchen hat, wird allerdings Besucherinnen und Besuchern ohne Skandinavien-Bezug nicht sofort einleuchten.
Ein Finne in der Kunstmetropole
Tatsächlich war der Künstler, der 1865 als Axel Gallén in eine schwedischsprachige Familie geboren wurde, ein Mann, bei dem viele Fäden der Geschichte zusammenliefen: Internationale Netzwerke der Kunst, die über Landesgrenzen hinaus wirkten und den Künstler zunächst nach Paris und bald auch nach Wien brachten, lassen sich an ihm ebenso festmachen wie nationale Unabhängigkeitsbestrebungen in jener Zeit.
Akseli Gallen-Kallela auf Skiern in Suolahti, 1906Foto: Gallen-Kallela Museum, Espoo
Die Identifikation mit Finnland, das bis 1917 Teil des russischen Zarenreichs war, veranlasste den Künstler auch dazu, sich ab 1907 „Akseli Gallen-Kallela“ zu nennen. Der Beinamen „Kallela“ stammte dabei von jenem abgelegenen Ort, an den sich der Künstler zum Arbeiten zurückzog: Eine Parallele wäre wohl der österreichische Maler Christian Ludwig, der seinen Namen ebenfalls um die Bezeichnung seines persönlichen Kraftorts – den Attersee – erweiterte.
Mit allen Sinnen in der Fauna
Der schöne Schüttelreim „Mit allen Sinnen in der Fauna/Mit allen Finnen in der Sauna“ (Copyright Süddeutsche Zeitung) scheint jedenfalls zu passend, um an dieser Stelle nicht zitiert zu werden: Denn wenngleich Akseli Gallen-Kallela aus seiner Einsiedelei Kraft schöpfte und gern verlorene Naturlandschaften malte, war er mit einigen skandinavischen Kollegen äußerst umtriebig und in mondänen Kunstzirkeln seiner Zeit unterwegs. Bereits 1901 wurde sein Gemälde „Frühjahr“ für die Moderne Galerie, den Vorläufer des heutigen Belvedere, angekauft.
Alamy Stock PhotoAkseli Gallen-Kallela, Palokärki (Der große Schwarzspecht), 1894Foto: Musée d’Orsay, Paris / Patrice SchmidtAlamy Stock Photo
Ein Auftritt bei der 19. Ausstellung der Secession in Wien 1904, an den der Künstler einen dreimonatigen Studienaufenthalt anhängte, muss dann sehr erfolgreich gewesen sein: Nicht nur freundete er sich mit Gustav Klimt und der Salonnière Berta Zuckerkandl an – die Bilder, die er in der Secession ausstellte, fanden auch prominente Käufer, darunter die Mäzenatenfamilie Wittgenstein (ein Gemälde, „Herbst“, ging später in den Besitz des Philosophen Ludwig Wittgenstein über).
Inspiration Klimt
Der Schau gelingt es nicht nur, viele der Bilder, die damals Seite an Seite hingen, wieder in einen Raum zu bringen – einige Bildpaarungen können auch die Inspirationsfunken, die in jener Zeit zwischen den Schöpfern der Werke geflogen sein müssen, wieder vergegenwärtigen.
Akseli Gallen-Kallela, Keitele-See, 1904PrivatsammlungFoto: Gallen-Kallela Museum, Espoo / Jukka Paavola
Hochinteressant ist etwa die Gegenüberstellung einer Attersee-Darstellung von Gustav Klimt aus dem Jahr 1900 (zu sehen sind dort nur die Oberfläche des Sees und eine kleine Insel am oberen …read more
Source:: Kurier.at – Kultur