„Der Revisor“ im Akademietheater: Es läuft fast wie geschmiert

Kultur

Spompanadeln und billige Slapstick-Einlagen, aber Roland Koch begeistert in Nikolai Gogols Korruptionskomödie

Eigentlich wäre „Der Revisor“ das ideale Programm für Silvester. Denn in der Regie von Mateja Koležnik ist Nikolai Gogols Korruptionskomödie auch ein „Dinner for One“. Andauernd stolpert jemand über die Kabel des Heizstrahlers oder Staubsaugers. Und Tim Werths, dessen Chlestakow in der Provinz für einen Revisor gehalten wird, stolpert auch über die wie eine Falle ausgelegten Beine der Marja.

Tommy Hetzel

Gebechert wird zudem genug. Bis Werths, auf dem Tisch große Reden schwingend, hoch artistisch zu Boden kracht. Aber der vermeintliche Rechnungshofprüfer wurde nicht mit Wodka eingetrankelt: Mateja Koležnik kredenzt in ihrer aberwitzigen, mit zwei Stunden 45 Minuten etwas zu langen Interpretation Slibowitz. Zusammen mit ihrer langjährigen Kostümbildnerin Ana Savić Gecan, geboren 1969 in Zagreb, verortet die Regisseurin, aufgewachsen in einer slowenischen Kleinstadt, die Komödie im Jugoslawien der 1980er.

Und so trägt der Bürgermeister eine Brille, die Tito gehört haben könnte. Auch wenn der Titel anderes vermuten lässt: Nicht der selbstgefällige Dandy aus St. Petersburg ist der Star – sondern er: Roland Koch brilliert als schmerbäuchiger Bonze, der schmiert und geschmiert wird.

Zu Beginn beruft er ein nächtliches Geheimtreffen ein. Denn die Mitarbeiter in der Verwaltung haben es ihm gleichgetan. Aber nun soll ein Revisor eintreffen – noch dazu inkognito. In der sehr zeitgenössischen Übertragung entfährt dem Bürgermeister ein „Du lieber Jolly“. Steckt Denunziation dahinter? Es gilt, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Doch Mateja Koležnik lässt sich viel Zeit für Spompanadeln und billige Slapstick-Einlagen. Klaus Grünbergs von einer Rakete inspirierter Multifunktionsturm ist eben desolat. Alle Versuche, das Licht anzuschalten, scheitern. Da muss dann schon der Elektriker mit der langen Leiter kommen. Vor der Toilette steht man unterdessen Schlange – wie üblich im real existierenden Sozialismus. Und die braven Bürger ducken sich immerzu.

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Bulle und Hornochse

Koch, der auch in Mateja Koležniks vorangegangener Arbeit („Der einsame Westen“) zu begeistern vermochte, zieht die Fäden, er dirigiert das riesige, samt Komparserie 22-köpfige Ensemble. Die Polizei legt er nebenbei mit Genuss aufs Kreuz.

Erst nach der Pause ist tatsächlich „der Bulle los“, wie Koch feststellt. Absurderweise bleibt sein korrupter Politiker, der erkennt, ein „Hornochse“ gewesen zu sein, immerzu sympathisch.

Neben viel Schmiere gibt es auch gelungene Figurenzeichnungen. Andrea Wenzl trägt als Erste Frau viel Pelz, hat aber keine Klasse. Tochter Marja (Lola Klamroth) ist so was von gelangweilt. Jörg Ratjen geht ganz besonders in die Knie, Rebecca Lindauer verstreut überfordert den Inhalt ihrer Tasche, Alexandra Henkel bleibt als Kellnerin wunderbar ruppig.

Ein Highlight steuern die Überlebenden der Peymann-Zeit bei: Hans Dieter Knebel und Martin Schwab irrlichtern als Waldorf und Statler herum. Eigentlich haben sie das Schlamassel ausgelöst. Aber als arme Schlucker nichts zu befürchten.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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