Der französische Regisseur Emmanuel Courcol im Interview über seine Tragikomödie „Die leisen und die großen Töne“
„Musik verbindet die Menschen“, lautet eine alte Weisheit. Aber der französische Regisseur Emmanuel Courcol geht noch ein Stück weiter, wie er im KURIER-Gespräch ausführt: „Musik verbindet die Menschen. Aber darüber hinaus ist es vor allem das gemeinsame Musik praktizieren – das Üben, Spielen, Konzerte geben und auf Tournee gehen – , das die Leute verbindet. Es ist eine eigene Art der Lebensform.“
Zu diesem Thema hat Emmanuel Courcol („Ein Triumph“) seinen neuen Film gedreht. Seine traurig-komische Tragikomödie „Die leisen und die großen Töne“ (derzeit im Kino) erzählt vom gemeinsamen Musik praktizieren – und darüber, wie zwei Brüder, die einander komplett fremd sind, zueinander finden.
Es beginnt im noblen Paris. Dort arbeitet Thibaut (Benjamin Lavernhe) als Chefdirigent eines renommierten Orchesters. Eines Tages bricht er bei den Proben ohnmächtig zusammen. Ein Gesundheitscheck im Spital ergibt: Thibaut leidet an Leukämie und benötigt eine lebensrettende Rückenmarkspende. Seine Schwester bietet ihre Hilfe an – doch ihr Rückenmark passt nicht. Und es kommt noch schlimmer: Sie ist gar nicht Thibauts Schwester. An dieser Stelle erfährt der geschockte Dirigent, dass er als Kind adoptiert wurde und einen Bruder namens Jimmy hat.
Auch Jimmy (Piere Lottin) wuchs bei Pflegeeltern auf, allerdings im strukturschwachen Norden Frankreichs. Dort arbeitet er als Kantinenkoch und spielt in seiner Freizeit in einer Blasmusikkapelle. Es kommt zu einer ersten Begegnung zwischen den beiden Brüdern.
REUTERS/Stephane Mahe
Regisseur Emmanuel Courcol: Leichter Film über schwere Themen
Abgesehen davon, dass Jimmy höchst verblüfft ist, als plötzlich ein Schnösel aus Paris bei ihm auftaucht und ihn um sein Knochenmark bittet, verkörpern die beiden komplett unterschiedliche Welten: Thibaut, der elegante Pariser, trifft auf einen Arbeiter aus der Provinz – ein kultureller Unterschied, der ganz Frankreich prägt.
„Paris ist natürlich der Ort der Elite und der Macht“, sagt Regisseur Courcol, der ursprünglich auch nicht aus Paris stammt: „Früher sprachen wir in Paris von Restfrankreich als der Provinz; heute nennen wir es Regionen. Das klingt besser, aber es markiert trotzdem einen großen Unterschied. Besonders Nordfrankreich ist eine Region, die empfindlich auf diese Art von Unterscheidung reagiert.“
Filmladen
Sarah Suco und Pierre Lottin spielen Blasmusik in „Die leisen und die großen Töne“
Tatsächlich gilt der Norden Frankreichs als eine Region, die für Industrie und Bergbau steht und deren arbeitende Bevölkerung weniger Bezug zur Kultur hat: „Die Menschen dort haben einen eigenen Stolz entwickelt, um dem Klischee von der kulturlosen Arbeiterschaft entgegenzuwirken“, führt Courcol aus: „Es ist eine Region, in der die Leute bestimmte Werte kultivieren, die man in anderen Gebieten nicht so ausgeprägt vorfindet: Eine starke Tradition der Gastfreundschaft, des Zusammenseins und der Solidarität. Gleichzeitig ist es ein Gebiet Frankreichs, in der es die meisten Blasmusikkapellen gibt. Ich wollte in meinem Film die besonderen Qualitäten hervorheben, die diese Region auszeichnet, nämlich das Zusammensein und das Miteinander.“
Posaune
Durch seinen neu gefundenen Bruder taucht der Pariser Chefdirigent in eine völlig neue Welt ein. Auch Jimmy hat Musiktalent und spielt in seiner Blasmusikkapelle die Posaune. Bald wird klar, dass auch er, hätte er eine elitäre Ausbildung wie Thibaut genossen, ein großer …read more
Source:: Kurier.at – Kultur