„Ein furchtbar sadistisches Experiment“

Kultur

Wiener Staatsoper. Don Alfonso als toxischer Regisseur in der Schule der Liebenden: Barrie Kosky über seine Inszenierung von Mozarts „Così fan tutte“, die am Sonntag Premiere hat.

Von Susanne Zobl

Das Stück ist genial, die Musik ist atemberaubend. Meine Lieblingsoper von Mozart, neben Idomeneo“, schwärmt Barrie Kosky von Mozarts „Così fan tutte“. Beste Voraussetzung für das Finale seines Projekts der Inszenierung der drei Da-Ponte-Opern an der Wiener Staatsoper.

Anders als viele seiner Zunft stellt er keine Verbindungen zwischen diesen drei Opern her. „Don Giovanni“, für ihn ein abstraktes Werk, siedelte er in einer verstörenden Seelen-Landschaft an. „Die Hochzeit des Figaro“ verlegte er nachvollziehbar in den Haushalt eines Despoten.

Bei „Così fan tutte“ müsse man am Anfang ganz klar vorgehen, erklärt er seinen Zugang zu dieser „Schule der Liebenden“, wie das Stück im Untertitel heißt. Diese verlegt Kosky in ein Theater. Er sei nicht der Erste, der das mache, aber bei „Così fan tutte“ wäre man vor allem zu Beginn ohne konkreten Ort verloren. Der zweite Teil sei dann eine Traumwelt.

APA/AFP/ERIC FEFERBERG

Barrie Kosky beschließt seinen Da-Ponte-Zyklus

„Intendant der Hölle“

Zentral ist für ihn die Frage, wer ist dieser Don Alfonso? Der Drahtzieher des Geschehens, der zwei junge Männer namens Ferrando und Guglielmo zu einer Wette um die Treue ihrer Verlobten herausfordert. Bei Kosky ist er Theaterdirektor/Regisseur. „Sein Experiment ist furchtbar sadistisch.“ Er ist ein typischer Repräsentant toxischer Männlichkeit in der Midlife-Crisis, ein frauenfeindlicher Misanthrop, „ein Intendant der Hölle“: Es sei „wichtig, dass man ihn richtig unsympathisch zeigt, nicht als charmanten Gentleman“. Darin ist er sich mit dessen Darsteller, dem charismatischen Briten Christopher Maltman, einig. „Er findet das toll, er hält Don Alfonso für einen Sadisten wie Scarpia in der ,Tosca“. Wenn sich heute ein Regisseur am Theater so benimmt, würde man ihn sofort kündigen. Der hätte keine Chance mehr“, führt Kosky aus.

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Klingt da etwa eine Art Überschreibung mit? Ein Tribut an Forderungen von Gleichstellung? Denn zurecht wird dieser Oper seit deren Entstehung eine extreme Frauenfeindlichkeit vorgeworfen. „Ich werde den Text nicht neu schreiben und nichts streichen. Das kann ich bei manchen Operetten machen, da ist es sogar manchmal notwendig, wenn der Text nicht so gut ist. Aber bei Così geht es darum, den Stoff zu interpretieren“, stellt Kosky klar, räumt aber ein: „Bei Da Ponte sind die Frauen aristokratische Mädels, die warten müssen, bis die Männer handeln. Das kann man natürlich jetzt in unserer Zeit nicht mehr so zeigen. Wenn Don Alfonso den beiden Männern in einer frauenfeindlichen Rede erklärt, wie Frauen sind, müssen Fiordiligi und Dorabella dabei sein, damit sie darauf reagieren können. Das macht einen großen Unterschied.“

Alfonso erklärt den beiden Frauen, dass ihre Männer unvorhergesehen sofort in den Krieg ziehen müssen. Ist das Teil seines Spiels im Spiel? „Das muss echt sein“, betont er. Kosky lässt nicht bloß eine Theatertruppe in einer Rahmenhandlung „Così“ in Szene setzen. „Das Experiment findet wirklich so wie in Mozarts Oper statt, nur in einer fast brechtianischen Brechung“, erklärt Kosky. Lassen sich Fiordiligi und Dorabella täuschen? „Sie erkennen relativ früh, was da gespielt wird, aber sie machen mit. Wir leben …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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