Die Platte des britischen Popstars heißt „Eusexua“ und ist ein großartiger, intensiver und keineswegs jugendfreier Trip.
Tahliah Debrett Barnett, besser bekannt als FKA Twigs, ist mit einem beachtlichen Vogel ausgestattet. Das ist jetzt positiv gemeint, denn die britische Sängerin gehört zu den außergewöhnlichsten Stars unserer Zeit. Sie verschmilzt in ihrem kreativen Schaffen Musik, Film, Kunst und Mode zu einem einzigartigen Gesamtwerk, das stets auch einen Blick in die Zukunft des Pop wagt. Kein Wunder also, dass die halbe Welt genau hinhört, wenn die 37-Jährige ein neues Album veröffentlicht.
Ihr neues Werk trägt den Titel „Eusexua“ – eine Wortkreation, die zunächst Rätsel aufgibt. Zum Glück liefert der Pressetext einen Erklärungsversuch: „Eusexua ist ein Seinszustand. Ein Gefühl momentaner Transzendenz, das oft durch Kunst, Musik, Sex und Einssein hervorgerufen wird.“ Klingt mystisch, bleibt aber vage. Wie man diesen „Seinszustand“ erreicht, bleibt offen. Die passenden Drogen scheinen sicher zu helfen – und FKA Twigs dürfte damit einige Erfahrungen gesammelt haben, während sie Zeit in der Prager Underground-Techno-Szene verbrachte, zwischen den Dreharbeiten zum Film „The Crow“, den sie als Hauptinspiration für die elf neuen Tracks bezeichnet. Zusammen ergeben sie einen intensiven Trip, bei der die eingeworfene Pille mal mehr, mal weniger kickt.
Lustvolle Fieberträume
„Eusexua“ drängt dabei von Anfang bis zum Schluss auf den Dancefloor – ein Album, das von Ekstase, Dunkelheit und fiebriger Energie lebt. Dazwischen gönnt man sich immer wieder Momente der Hingabe, die sich wie ein Besuch im Darkroom anfühlen. Das Herz rast, die Augen leuchten, die Bässe schieben. Man ist ganz im Moment, die innere Unruhe weicht der Euphorie.
Synthesizer schnurren, fauchen, knirschen – mal aggressiv, mal versöhnlich. „Girls Feels Good“ klingt wie ein Song, den Madonna seit Jahren veröffentlichen will, aber nicht hinbekommt. „Perfect Stranger“, ein pulsierender Dance-Pop-Track, könnte ebenso gut von The Weeknd oder Kylie Minogue stammen. Der Text behandelt den „Zauber“ eines One-Night-Stands, einer Liebe mit einer nicht realen Person: „I don’t know the name of the town you’re from / Your star sign or the school you failed / I don’t know and I don’t care / I don’t know the food that’s your favourite now.“
Mit „Room Of Fools“ liefert FKA Twigs eine solide Tech-House-Nummer, in der ihr Gesang in schwindelerregende Höhen klettert – bis ihr dort oben schließlich die Luft ausgeht. „Drums of Death“ setzt auf gebrochene Beats, harte Cuts und hochgepitchte Samples – ein Stück, das unbarmherzig und roh klingt.
Trotz all dieser Experimentierfreude verliert FKA Twigs nie das Gespür für Melodien, Emotionen und Popmomente. Die Platte bleibt ein wilder Ritt, aber stets zugänglich und massentauglich. Der Spagat zwischen Soundforschung und eingängigen Popstrukturen gelingt ihr mühelos.
Mit „Striptease“ verknüpft sie die Trip-Hop-Ära der 1990er-Jahre mit der Gegenwart. Gegen Ende zieht sie das Tempo noch einmal an und lässt den Song in Richtung Jungle abdriften.
Fertig und glücklich
Am Ende dieses Abenteuers geht man fertig, aber glücklich nach Hause. Einschlafen nach all dem Adrenalin und Ekstase? Schwierig. Aber keine Sorge: FKA Twigs nimmt einem mit „24hr Dog“ in den Arm, kuschelt sich ran. Ja, so geht’s gleich viel besser.
Source:: Kurier.at – Kultur