Filmkritik zu „Putin“: Von der Windel bis zur Bahre

Kultur

Mit Deepfake-Bildern generierte der polnische Regisseur Patryk Vega ein brachiales Porträt des russischen Despoten

Von Gabriele Flossmann

Dieses „Biopic“ sorgte bereits bei den Filmfestspielen von Cannes im Mai vergangenen Jahres für Aufsehen. In der Inszenierung des polnischen Regisseurs Patryk Vega agiert ein KI-generierter Doppelgänger des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Und weil – so Vega in einer Pressekonferenz in Cannes – russische Stellen versucht hatten, Team-Mitglieder als Agenten gegen ihn anzuwerben, hätte er nur für diesen Film beschlossen, ihn unter dem biblischen Pseudonym „Besaleel“ fertigzustellen.

Die Dreharbeiten wurden zu einem riskanten Katz-und-Maus-Spiel mit dem russischen Geheimdienst. Wohl nicht nur, weil Vega in seinem Politthriller den russischen Präsidenten als ultimativen Gangster porträtiert – inmitten von politischen Intrigen, wie man sie (nicht nur) aus Verschwörungstheorien kennt. Im Film agiert Putin so, wie man ihn aus Fernsehberichten kennt: In Diktatorenpose und an barocken Schreibtischen. Aber es gibt auch Szenen, in denen er Klavier spielt, oder sich im Krankenbett in die Hose macht.

Nicht nur optisch ist dieser Putin verblüffend. Mittels künstlicher Intelligenz sei er „in den Kopf von Putin hineingekrochen“, so Vega nach der Cannes-Premiere. Sein Film sei außerdem eine Art „Gebrauchsanleitung für den russischen Präsidenten für den Umgang mit Doppelgängern“.

Eine derartige „Gebrauchsanleitung“ scheint der russische Präsident allerdings nicht nötig zu haben. Denn bereits seit Jahren wird international darüber spekuliert, ob sich Putin bei heiklen Auftritten – etwa inmitten von Menschenmassen oder in politisch unangenehmen Situationen – doubeln ließe.

Zumindest tauchen derartige Berichte seit Beginn des Überfalls russischer Truppen auf die Ukraine im Jahr 2022 immer wieder auf.

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Anders als noch Stalin, der zu diesem Zweck Männer um sich scharte, die ihm physisch ähnelten, setzt Putin offenbar auf die Mittel von KI und Deepfake. Zumindest wollte das der Machtapparat des Russland-Präsidenten vor etwas mehr als einem Jahr demonstrieren, indem er ein einminütiges Fake-Video von sich verbreiten ließ. Vielleicht wollte der KGB damit die Glaubwürdigkeit von Patryk Vegas Film „Putin“ schon im Vorfeld erschüttern.

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Ein „Bio-Pic“ namens „Putin“

Der polnische Regisseur entwirft in seinem politischen Thriller ein psychologisches Porträt des russischen Machthabers, das diesem alles andere als genehm sein kann. Beginnend mit ersten verstörenden Erlebnissen Putins als Kleinkind, erzählt der Film aus dem langen Leben eines verstörten Tyrannen. Quasi von der Windelhose bis zur Bahre.

„Putin ist nicht verrückt. Aber bei ihm dreht sich alles um sein Ego“, betont der polnische Regisseur im Interview – und kommentiert mit breitem Lächeln auch das Ende des Films, der mit dem Tod von Putin endet: „Es sollte ein Happy End sein“.

Vor diesem „Putin“-Film war Vega bereits mehrfach als schlechtester Regisseur oder Drehbuchautor ausgezeichnet worden – nicht nur in Polen. Auch dieser neue Film krankt daran, dass Vega seine lustvolle Effekthascherei übertreibt und so manchen Gag an den sprichwörtlichen Haaren herbeizieht (obwohl Putins Frisur dafür nicht viele Gelegenheiten bietet). Trotzdem kann man sich der Faszination, die seiner Putin-Verarschung innewohnt, nur schwer entziehen.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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