
Die Show muss immer weiter gehen, hieß es viele Jahre lang. Was aber, wenn nicht, wenn der Glanz verblasst, der Glitter matt, der Scheinwerfer abgedreht ist? In diese präsente Abgesangsstimmung passt Pamela Andersons aktueller Film „The Last Showgirl“ – und Stephen Sondheims Musical „Follies“. Darin lässt er an dem Tag, an dem ihr früheres Theater abgerissen werden soll, zwei Showpärchen von einst gemeinsam eine – durchaus auch bittere – Lebensbilanz ziehen.
Für Regisseur Martin G. Berger, der das Musical am Samstag an der Volksoper Wien zur Premiere bringt, ist das Theater hier eine Metapher für einen „ganz heiklen Moment im Leben“.
Thomas M. JauckEs geht, sagt Berger, „um Menschen, die ein bestimmtes Alter erreicht haben. Die Hauptfiguren sind um die 50, ein sehr gewichtiger Moment im Leben, an dem man oft sein Leben neu sortieren muss.“ Es ist der Punkt in der eigenen Arbeitsbiografie, „an dem man schon sehr lange dabei ist, aber auch noch ziemlich lange zur Pension hat. Auch im Theater“, sagt Berger. Da blicke man gern zurück auf die „Illusion“, auf den „paradiesischen Zustand“, den man als junger Mensch vor sich zu haben glaubte, auf den Zeitpunkt, als man „mit der kindlichen Naivität ins Erwachsenenleben startete.“Barbara Pálffy / Volksoper WienIst es ein Rückblick von Gescheiterten? Immerhin kommen hier auch unangenehme Ehethemen zur Sprache, man wäre eigentlich damals lieber mit dem Partner des anderen zusammengekommen. „Sind sie gescheitert? Das ist eine hochinteressante Frage. Stephen Sondheim wirft, ähnlich wie Mozart, einen sehr realistischen Blick auf die Menschen, ohne zynisch zu sein. Natürlich sind sie in einer gewissen Art und Weise gescheitert. Sie sind aber in einer Form gescheitert, in der fast jeder auf eine Art und Weise in seinem Leben scheitert. Und die gleichen Paare gehen am Ende des Abends wieder gemeinsam hinaus“, sagt Berger. „Sind sie vielleicht nur an einer Erwartung ans eigene Leben gescheitert, die unrealistisch war?“Das Stück sei „wahnsinnig berührend“, und man komme auch „wahnsinnig ins Denken. Man ist nicht mehr 25, aber es ist auch gut, dass man nicht mehr 25 ist, man gewinnt auch etwas dazu. Und trotzdem: Ja, es ist auch Verfall, aber nicht so einfach, dass man sagt: Als junger Mensch war ich voller Träume. Das war mein echtes Ich. Und jetzt bin ich ein zynischer, abgerockter Mensch. Man ist eine andere Ausgabe von sich. Und alte Freunde sehen da hindurch noch das alte Ich.“Barbara Pálffy / Volksoper WienDie verschiedenen Ausgaben stehen dabei beide auf der Bühne – es gibt für die Rollen je einen jungen Darsteller und einen – was eigentlich? Bei den Proben fand man einen Begriff für die nicht mehr ganz so Jungen: „Die Menschen, die heute eine Party feiern“, um nicht zu sagen „im besten Alter“. Berger erfreut sich besonders an einer „berührenden Szene“, in der die „sechs Damen, die heute eine Party feiern,“ steppen. Minutenlang. Eine Herausforderung – und für Berger „absolutes Empowerment“: „Wie die sich diese Szene nehmen und wie daraus ein Fest wird! Selbst wenn nicht jeder Schritt stimmt, es ist ein Fest der Ausstrahlung, …read more
Source:: Kurier.at – Kultur