„Ich bin Ruth“: Die größte Idiotie war es, nach Norwegen zu fliehen

Kultur

Ein Frauenkollektiv erzählt in der Semmelweis-Klinik die Geschichte eine Wiener Jüdin, die mit 22 Jahren ermordet wurde

Es sei, schrieb Ruth Maier Ende 1940, die „größte Idiotie“ gewesen, nach Norwegen emigriert zu sein. Denn ihre jüngere Schwester und ihre Mutter hatten vor den Nationalsozialisten nach London fliehen können. Aber sie wollte ja unbedingt die Matura machen …

Zwei Jahre später stellte sich heraus, dass es tatsächlich das Dümmste war, was die junge Frau hatte machen können: Im November 1942 wurde sie aus einem Mädchenpensionat in Oslo verhaftet, nach Auschwitz deportiert und gleich nach der Ankunft, am 1. Dezember 1942, ermordet. Sie war 22.

Geboren wurde Ruth am 10. November 1920 in Wien. Von 1931 an wohnte sie mit ihrer Familie in der Hockegasse 2 und ab dem Herbst 1938, von den Nazis gezwungen, in einem Zimmer bei der Familie Singer in der Oberen Donaustraße 43. Von da an war ihr Geburtstag mit der Reichspogromnacht verknüpft. Und Ruth Maier, ein besonders aufgewecktes, politisch interessiertes Mädchen, radikalisierte sich: „Ich werde zur bewussten Jüdin“, schrieb die 16-Jährige.

Aus deren Tagebucheinträgen und Briefen kompilierte ein Frauenkollektiv den berührenden Theaterabend mit dem Titel „Ich bin Ruth“. Zu sehen ist er bis 3. Oktober in einem ramponierten Saal der ehemaligen Semmelweis-Klinik – in der Hockegasse 37, also unweit vom Gemeindebau, in dem Ruth die Jugend verbrachte.

Erzählt wird die Lebensgeschichte von Suse Lichtenberger, Anna Kramer und Claudia Kottal multimedial – mit projizierten Fotos, Videos und Overhead-Folien. Clara Luzia – sie hat Textpassagen zu Songs verarbeitet – und Cathi Priemer-Humpel am Schlagwerk illustrieren musikalisch die Szenen: Gemeinsam vermitteln sie die Lebensfreude, die in den Texten steckt. Nach dem Höhenflug – eine lesbische Beziehung mit Gunvor Hofmo – folgt nach 80 Minuten ein jäher Sturz in die NS-Hölle.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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