Josefstadt-Theater: Ein Sommernachtstraum mit welken Blättern

Kultur
Theater in der Josefstadt
William Shakespeare
Ein Sommernachtstraum

Wer in den letzten Jahren „Ein Sommernachtstraum“ sehen wollte, dem bot sich gleich mehrfach Gelegenheit. Ab 2022 zeigte Michael Niavarani eine hinreißende Adaption im Park beim Belvedere; 2023 folgte das Burgtheater mit einer zarten, ernüchternden Interpretation von Barbara Frey; im vergangenen Sommer inszenierte Maria Happel die Shakespeare-Komödie im reaktivierten Südbahnhotel. Und nun setzte auch Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger den „Sommernachtstraum“ auf den Spielplan. 

Über das Warum mochte man nach der Premiere am Donnerstag lange rätseln. Denn Regisseur Josef E. Köpplinger war nicht gerade von der Idee beseelt, eine dezidiert andere Sicht auf den Stoff zu werfen. Zusammen mit Bühnenbildner Walter Vogelweider kehrte er nur die äußeren Umstände um: Die Mittsommernacht wird – just zu Neumond – von einem riesigen Vollmond im Spätherbst dominiert. Es regnet welke Blätter. 

Der Wald bei Athen, in dem dank Zauberkraut das Unbewusste die Oberhand gewinnt, ist auch nicht das Gegenstück zur Vernunftwelt am Hofe des Herzogs: Auf der Drehbühne wird die sternchenübersähte Lichtung, in der sich die Jugend austoben darf, von einer antikisierenden Schlossmauer einerseits und einer Waschkaue mit Spinden andererseits begrenzt. Die beiden Stellwände bilden zusammen mit zeitgenössischen Kostümen von Alfred Mayerhofer (die Männer tragen Weiß, die Frauen Blau) die Gegenwartsklammer: Ein Sängerquartett entführt mit Liedern des britischen Renaissance-Komponisten John Dowland ins elisabethanische Zeitalter.

Köpplingers solide Inszenierung betont in erster Linie das Wertkonservative des Theaters in der Josefstadt: Er griff, ganz klassisch, auf die Übersetzung von August Wilhelm Schlegel zurück (gestattete sich aber radikale Striche), er verzichtete völlig auf Aktualisierungen oder Kontextualisierung, lässt das Ensemble einfach machen. 

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Rita Newman

Ein Sängerquartett entführt mit Liedern ins elisabethanische Zeitalter.

Pures Schauspielertheater also. Inklusive würdevoller Altenehrung. Denn Michael König, 78 Jahre alt, gibt den Vater der blutjungen, recht reschen Hermia (Juliette Larat), die nicht den für sie bestimmten Demetrius heiraten will, sondern den Draufgänger Lysander. Und die Handwerkergruppe, die „Pyramus und Thisbe“ einstudiert, ist eine richtige Rentner-Gang: Wolfgang Hübsch, kürzlich 86 geworden, darf als Squenz das Stück im Stück einrichten und mit großväterlicher Milde den Weber Zettel in dessen Enthusiasmus bremsen. Denn auch Robert Meyer (72) würde ja am liebsten alle Rollen spielen. Mit rollendem R im Vortrag („Das ist Theater!“) animiert er zum Lachen, als fester Esel berührt er: Die Elfenkönigin Titania, die sich ihm schulterfrei hingibt (Sandra Cervik), reizt ihn weit weniger als Hafer und Heu. 

Johannes Seilern (74) ergänzt als Schlucker. Hinzu kommen – im Vergleich – zwei Jungspunde: Günter Franzmeier, als Löwe zum Schreien komisch mit Fuchsschwanz-Pelzkappe und Arbeitshandschuhen ausstaffiert, gibt einen wunderbar kurzsichtigen wie törichten Angsthasen, der zwischendurch hinter der Bühne reanimiert werden muss. Und Boris Pfeifer im Blaumann (Flaut dürfte der Einzige sein, der tatsächlich noch arbeitet) schlüpft mit Zöpfchen-Perücke in die Rolle die Thisbe, was seiner Figur ganz und gar nicht behagt.

Rita Newman

Das passt auch ganz gut zur Inszenierung: Männer spielen Männer, Frauen spielen Frauen, eine Crossgender-Besetzung überlässt Köpplinger lieber den progressiveren Bühnen. Und wenn es zu einem Kuss unter Männern kommt, dann ist das der Mittsommernacht geschuldet. 

Derbe Zoten gibt es aber schon, und da wird dem angestammten Publikum vielleicht kurz heiß werden. Denn der stürmische Lysander (Julian …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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