Rossinis „La Cenerentola“ am Opernhaus als überzogene Mischung von Disney und Barbie mit ausgezeichneten Sängern, aber zu wenig orchestraler Spritzigkeit.
Von Helmut Christian Mayer
Arielle, Schneewittchen, Tinkerbell, Rapunzel: Unschwer sind die Damen des Chors in ihrer Kostümierung zuzuordnen, ausnahmslos als Prinzen mit Kronen, langen, glänzenden Haaren und einem Muskelanzug präsentieren sich hingegen die Herren. Und deren Kostüme sind alle bunt und schrill. Als ziemlich überzogene, überfrachtete Revue wird Gioacchino Rossinis „La Cenerentola“ am Grazer Opernhaus gezeigt. Dafür sorgt Ilaria Lanzino in ihrer temporeichen Inszenierung. Da erlebt man statt eines Balls beim Prinzen heulende Männer in Wolfskostümen in einer Höhle mit Dornenbüschen, und die Damen alle als Rotkäppchen. Da tauschen Aschenputtel und der Prinz ihre Kostüme. Sein Diener Dandini erscheint als hüpfender Frosch.
Werner Kmetitsch
Passend dazu ist die Ausstattung von Dorota Karolczak, die eine Art leuchtendes Disney-Schloss auf die sich ständig bewegende Drehbühne gewuchtet hat. Auf der Rückseite mit Zimmerchen, wie in einem Barbie-Puppenhaus. Im obersten wohnt die Titelheldin, als rebellierender, trotziger Teenager charakterisiert, mit Turnschuhen, die gleich einmal ihr Prinzessinnen-Kleid anzündet und dann verkohlt trägt. Und alles wird gelenkt vom Philosophen Alidoro (der balsamisch wunderbar singende Kim Daeho) mit goldenen Flügeln, die später der Titelheldin angeschnallt werden.
Alidoro wird übrigens von einem Frosch erschossen, taucht aber später wieder unversehrt lachend im Publikum auf, während das Schloss in Brand gesteckt wird. Und im Pausenfoyer und auch im 2. Akt hängen dann überall Plakate mit „Wanted: Mysteriöse Prinzessin gesucht!“
Werner Kmetitsch
Das sind bei weitem nicht alle der grellen Ideen der italienischen Regisseurin in dieser letzten Opera buffa von Rossini, die damit ein Herausbrechen der gängigen Geschlechterrollen darstellen will. Sie sprudeln überbordend nur so hervor, sind aber teils schwer nachvollziehbar und lassen einen bald ratlos zurück.
Dafür stehen ihr sehr gute Singschauspieler zur Verfügung: Anna Brull singt die diffizile Titelpartie mit einem flexiblen, farbigen Mezzosopran und höchsten Koloraturansprüchen. Allerdings muss sie ihre erste Arie mit Kopfhörern ganz flach wie ein Rockstar singen. Pablo Martínez ist der auf Brautschau gehende, fesche Prinz Don Ramiro mit ausgesprochen schönem, lyrischem Tenor und mühelosen, höchsten Spitzentönen ausgestattet. Sein Kammerdiener Dandini ist Ivan Oreščanin darstellerisch köstlich als halber Frosch und stimmlich gut nur teils etwas rau klingend. Wilfried Zelinka besitzt als witziger Don Magnifico einen kernigen und stimmgewaltigen Spielbass. Seine beiden stimmlich makellosen Töchter sind Sofia Vinnik und Ekaterina Solunya. Der Chor des Hauses (Einstudierung: Johannes Köhler) singt klangschön, muss jedoch ab und zu vorauseilend vom Dirigenten eingefangen werden.
Leider lässt Marius Burkert manchmal die Grazer Philharmoniker recht laut und zu wenig sensibel musizieren, wodurch Sänger zugedeckt werden. Insgesamt hätte man sich von ihm auch mehr Spritzigkeit gewünscht. Es sind aber viele virtuose Leichtigkeit und reiche Akzente zu hören.
Uneingeschränkte Zustimmung des Publikums.
Kurier-Wertung: Drei Sterne
Source:: Kurier.at – Kultur