Landestheater Niederösterreich: Veganer Klimakleber, ungeimpft

Kultur

Eva Spreitzhofer brachte „Wie kommen wir da raus?“ auf die Bühne: ein veritabler Schlagabtausch mit allen Modetorheiten woker Bobos

In der Praxis eines Grazer Zahnarztes steht in riesigen, bunten Buchstaben: „Es hätte schlimmer kommen können.“ Diesen Trost spendet auch Eva Spreizhofer all jenen, die sich ein harmonisches Weihnachten wünschen, was mit Groß- oder Patchworkfamilie aber partout nicht gelingen will. Denn so schlimm wie bei der leidgeprüften Wanda, einer in der Triage erfahrenen Ärztin, kann es gar nicht sein.

Im Auftrag des Landestheaters von St. Pölten kompilierte sie ihre Filmkomödien „Womit haben wir das verdient?“ (2018, vor Covid entstanden) und „Wie kommen wir da wieder raus?“ (2023) zu einem postpandemischen Lustspiel. Um genau zu sein: Sie reicherte den Plot von „Wie kommen wir da wieder raus?“ um Teile aus dem ersten Film an und verband sie durch eine Nebenhandlung, die sich, wie die Uraufführung am Samstag vor Augen führte, zum Höhepunkt mausert.

Munter geht es weiter

Es gibt also keine „Double Feature Show“ mit Pause dazwischen: Eva Spreitzhofer peitscht die Handlung in 80 Minuten durch. Das Fast Forward wäre jedoch nicht notwendig gewesen, man hätte dem Treiben gerne länger zugeschaut – in der Erwartung, nicht nur mit Wortgefechten und Gags bedient zu werden. Denn was geht in Wanda vor, wenn die schwangere Frau des Ex-Manns einen Wohnungstausch vorschlägt, weil die Vorgängerin allein eh nicht so viel Platz bräuchte?

Allein schon diese Szene wäre ein Drama. Aber Wanda pariert in der Sekunde – und munter geht es weiter. Das bunte Bühnenbild von Miriam Busch – eine Wohnküche in Bonbonfarben – vermittelt schließlich: Hier ist der Frohsinn zu Hause! Und der kurz(weilig)e Abend wäre wohl im Seichten gestrandet, hätte Julia Kreusch nicht immer wieder die inneren Konflikte einer Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs mit Mimenspiel nach außen gestülpt. Sie stemmt sich mit Verve gegen den Wahnsinn rund um sich.

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Dass sich ihre Wanda mit einem Idioten wie Toby eingelassen hat, der Möbel aus Europaletten und Luster aus Plastikflaschen bastelt, ist aber nur schwer zu glauben. Doch nicht nur Shakespeare weiß um die Bedeutung der Handwerker. Tobias Artner und Julian Tzschentke unterhalten daher hinreißend als Brüderpaar, das vom großen Geschäft träumt – mit veganem Kleber für leider nicht mehr aktive Klimakleber oder ungeimpftem Sperma in Phiolen so groß wie Vasen.

Tzschentkes Peter ist als politisch unkorrekter wie sexistischer Typ ein essenzieller Widerpart zur Bobo-Riege, die, ach wie „cute“, dem Zeitgeist frönt: Laura Laufenberg als betuliche Eso-Tante Sissy versprüht Wohlgerüche, Michael Scherff hat als belämmerter Anästhesist Harald zu viel Narkotikum inhaliert, Felix Rank hat sich aus dem Film auf die Bühne gebeamt, und die Klara der Jasmin Weißmann erklärt ihre Schwester für gestört: Caroline Baas enerviert wunderbar als 16-Jährige, die zum Islam übergetreten ist, um einen Schwulen vor der Zwangsverheiratung zu retten. Die Influencerin versorgt ihre Follower mit Live-Einstiegen. Die Projektionen sind jedoch vorgefertigt. Theater eben.

Info: Zu Silvester gibt man gleich zwei Vorstellungen – um 16 und 20 Uhr

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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