Monteverdis „L‘ Orfeo“ bei der Mozartwoche wurde umjubelt
von Helmut Christian Mayer
Eine große Treppe dominiert die Bühne, in der Mitte eine weiße Scheibe mit einem knorrigen Olivenbaum. Dahinter leuchtet hell eine riesige Sonnenscheibe. Freudengesänge erklingen zur Hochzeit von Orpheus und Eurydike. Doch plötzlich werden die Gesänge schmerzvoll.
Die Sonne wird zur schwarzen Scheibe. Der Olivenbaum verliert seine Blätter, als die von einer Schlange gebissene Eurydike stirbt: Mit diesen poesievollen, symbolträchtigen und ästhetischen Bildern (Bühne: Jakob Brossmann) und geschmackvollen Kostümen (Cedric Mpaka) zeigt sich der als Uroper geltende „L‘Orfeo“ von Claudio Monteverdi im Haus für Mozart bei der diesjährigen Mozartwoche.
Die Spezialität von Nikolaus Habjan als Regisseur ist es, selbst entworfene Puppen zu integrieren, die quasi als Alter Egos das Seelenleben der menschlichen Darsteller spiegeln. Diese werden nicht nur von den eigentlichen Puppenspielern, sondern diesmal auch den Sängern mitgeführt und interagieren auch immer mit diesen um ihre Zweifel und Konflikte zu offenbaren. Vor etwa zwei Jahren bereits an der Semperoper in Dresden höchst erfolgreich gezeigt, gibt es nun eine eigene Salzburg-Fassung, die von farbenfroher und choreographischer Vitalität strotzt um dann in eine gruselige Atmosphäre der Unterwelt abzutauchen. Beeindruckend auch die Idee, dass Orfeo beim Aufstieg in Apollos Sonnenhimmel nicht nur die leblose Hülle seiner Geliebten zurücklässt, sondern auch sein eigenes Schattenbild zerstört.
Der Intendant der Salzburger Mozartwoche selbst verkörpert die Titelfigur. Rolando Villazóns Tenor zeigt allerdings nicht mehr die Größe von einst, klingt etwas kehlig, ungebrochen ist aber seine Bühnenpräsenz. Vor allem seine große Arie „Possente spirto“ gelingt ihm vortrefflich. Tamara Ivaniš als Euridice, der Monteverdi erstaunlich wenig zu singen aufgibt, stattet ihren Sopran mit silberhellen Tönen aus. Herausragender ist aber Céline Scheen als La Musica und Proserpina mit schönem, üppigem Mezzo. João Fernandes hört man als stimmkräftigen, präsenten Caronte als Puppe mit rauchenden Glutaugen und als Plutone. Cyril Auvity ist ein schönstimmiger, mit Goldgewand ausgestatteter Apollo. Aus dem großen Ensemble stechen auch noch Eric Jurenas mit herrlichem Countertenor als Speranza und Luciana Mancini als Messagiera hervor. Exzellent auch der Philharmonia Chor Wien. Das Originalensemble L’Arpeggiata unter Christina Pluhar liefert eine ungemein differenzierte, farbenreiche, frische Lesart der Partitur ab, der es auch nicht an Sentiment und feuriger Glut mangelt. Stehende Ovationen!
Wiederholungen: 26. und 31.1.2025. www.mozarteum.at/mozartwoche
Kurier-Wertung: vier von fünf Sternen
Source:: Kurier.at – Kultur