Viel Applaus für die Wiederaufnahme von Massenets Oper.
Von Helmut Christian Mayer
„Adieu, notre petite table“ – Jene bekannte Arie, wo Manon Lescaut von ihrem winzigen Tischchen ihres Liebesnests in der kleinen Pariser Garconniere Abschied nimmt, gelingt Kristina Mkhytaryan sehr zart und berührend. Auch sonst kann sie an der Wiener Staatsoper bei der Wiederaufnahme von Jules Massenets „Manon“ mit flexiblem und sauberem Sopran überzeugen und mit tadellosen Spitzentönen beeindrucken.
Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
Auch ihre Wandlung von der naiven Landpomeranze zur luxusliebenden Großstadtdame gelingt ihr großteils glaubhaft darzustellen. Wie schon öfters, so agiert Vittorio Grigolo auch diesmal darstellerisch als Chevalier des Grieux wieder gestisch überzogen. Aber er singt ihn mit viel Schmelz und allen ungefährdeten Höhen. Seine bekannteste Arie „Je suis seul…“ im Kloster sowie die Sterbeszene der Manon zum Finale lässt von beiden Protagonisten großes Gefühlstheater aufkommen.
Mattia Olivieri ist ein quirliger, schmieriger Lescaut und singt ihn mit hellem, kernigem Bariton. Dan Paul Dumitrescu singt einen noblen Grafen des Grieux. Thomas Ebenstein als junger Guillot de Morfontaine und Martin Häßler als Brétigny singen tadellos und spielen diese Typen wie gewünscht fies. Makellos singen auch Ileana Tonca als Poussette, Alma Neuhaus als Javotte und Teresa Sales Rebordão als Rosette. Der Chor der Wiener Staatsoper (Einstudierung: Thomas Lang), der teils in den Orchestergraben verbannt ist, klingt sehr homogen.
Durchaus emotions- und nuancenreich wird im Orchester der Wiener Staatsoper unter dem sehr routiniert wirkenden Emmanuel Villaume musiziert. Manchmal hätte man sich jedoch auch feinsinnigere Töne gewünscht.
Andrei Serban verlegt in seiner Inszenierung aus 2007 die Geschichte nach dem Buch vom Abbe Prevost ins Paris der Zwischenkriegszeit und zeigt ein dunkles Gangsterepos teils im Rotlichtmilieu, in dem immer wieder mit Pistolen herumgefuchtelt wird und sonnenbebrillte Typen auftauchen. In einer dunklen Kulisse mit billig wirkender Ausstattung (Peter Pabst) sieht man ständig unsinnig herumstehende Pappfiguren, sinnlos herumturnende Personen oder in ihrer Bewegung grundlos erstarren, und auch Projektionen, den Bahnhof, das Kloster oder das Vergnügungsviertel darstellend. Zudem gibt es viele lächerliche, verzettelnde Details, dafür außer bei den Protagonisten keinerlei psychologische Deutung. Heftiger Applaus!
Kurier-Wertung: Dreieinhalb Sterne
Source:: Kurier.at – Kultur