„Nur der Tod hat überlebt“: Premiere „Kaiserrequiem“ an der Volksoper

Kultur

Viktor Ullmanns in Theresienstadt komponierte Kammeroper „Kaiser von Atlantis“, verbunden mit Mozarts Requiem: Dirigent Wellber und Choreograf Heise über die Premiere.

„Nur der Tod hat überlebt“, sagt Dirigent Omer Meir Wellber.

Es ist eine bizarre Volte in einem tieftraurigen Kapitel der Kulturgeschichte: Im Getto Theresienstadt komponierte Viktor Ullmann 1943/’44 die Kammeroper „Kaiser von Atlantis“, in der der Tod einem größenwahnsinnigen Kaiser den Dienst verweigert. Das Stück wurde in Theresienstadt geprobt; aufgeführt wurde es, wohl wegen der klaren politischen Aussage, nie. „Die Nationalsozialisten waren in der Generalprobe und haben es verstanden“, sagt Wellber. Alle Beteiligten wurden danach in Konzentrationslagern ermordet. Nur der Darsteller des Tods, so Wellber, überlebte.

Ashley TaylorDienstverweigerung

Für die Volksoper nun verbindet der Dirigent dieses letztlich erst 1975 uraufgeführte Werk mit einem der bekanntesten Stücke der Musikgeschichte, mit Mozarts Requiem, in dem der Tod, klar, auch eine gewisse Rolle spielt. Auch in der Realität: Dessen eigener Tod verhinderte, dass Mozart das Werk vollendet, betont der Dirigent gegenüber dem KURIER. „Man sieht in all dem den Tod in verschiedenen Rollen – er verweigert den Dienst, er wird im Requiem besungen und verhindert dessen Fertigstellung, er überlebt. Ich wollte sehen, was passiert, wenn in den beiden Werken der gleiche Sänger den Tod singt.“

Das Resultat dieser Idee ist nun ab Samstag an der Volksoper Wien zu sehen: Das „Kaiserrequiem“ ist als Premiere des Staatsballetts ausgewiesen, beschäftigt aber das ganze Haus.

Gesangssolisten sind unter anderem Josef Wagner (Tod), Daniel Schmutzhard (Kaiser Overall), Rebecca Nelsen (Bubikopf), neben dem Orchester ist auch ein großer Chor im Einsatz. „Ich habe mir von Anfang an gedacht: Der Tanz muss hier eine große Rolle spielen“, sagt der Dirigent. „Denn einerseits passiert der Tod eben im Körper, es braucht da die Körperlichkeit. Und die Sänger brauchen eine Art bleibendes Alter Ego, während sie die verschiedenen Rollen singen.“

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All das zu einem rund eineinhalbstündigen Ganzen fügt Choreograf und Regisseur Andreas Heise. Dabei wird auch das oft starre Rollengefüge auf der Bühne aufgebrochen, bestätigt Wellber, die Tänzer, die sonst kaum je ihre Stimme einsetzen, haben Sprechparts und auch einen Chor aufgenommen, der zu einer musikalischen Installation wird. Ebenso wird man von den Sängern mehr Bewegung sehen als gewöhnt.

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„Es muss jeder aus seiner Komfortzone heraus“, sagt Heise, „jeder muss lernen, die Sprache des anderen zu sprechen. Eine Tänzerin hat mir gesagt, dass sie jetzt die Arbeit der Chormitglieder besser versteht, das hat mich sehr gefreut“. Es sei „vielleicht so, dass man gar nicht auf den ersten Blick weiß, wer da jetzt singt und tanzt. Und das finde ich schön, dass diese Kunstformen sich hier gegenseitig so befruchten und ineinandergreifen.“

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„Wer weiß, wie Oper sonst oft aussieht, wird überrascht sein von all dem, das die Sängerinnen und Sänger machen. Nennen wir es musikalisches Tanztheater“, sagt Wellber. Das gelte auch für das Requiem, das „Teil der Geschichte ist, die wir erzählen“.

Eine Essenz dieser Geschichte ist, dass sich der Tod am Ende durchsetzt, auch der Kaiser muss ihn als Teil des Lebens anerkennen. „Um ein moralisches Leben zu führen, muss man den Tod akzeptieren“, sagt der Dirigent.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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