Oehl will einmal noch „ultimative menschliche Musik“ machen, bevor die KI übernimmt

Kultur

Der Indiepop-Musiker Oehl stellt auf seinem neuen Album die Frage: „Lieben wir genug?“

Ariel Oehl hat einen ultimativen Albtraum: „Das Schrecklichste wäre, meinem Sohn eine Waffe in die Hand drücken zu müssen!“ Nicht nur deshalb hat der Indiepop-Musiker seinen Sohn auf dem neuen, ausschließlich mit analogen Instrumenten aufgenommenen Album „Lieben wir“ verewigt. Der heute siebenjährige Junior ist im Intro von „I Love You“ zu hören, durfte als Dreijähriger den Takt einzählen, als der Papa die Basis für diesen Song komponierte.

„Dieses Lied ist meine Art Humor“, erklärt der 37-Jährige im KURIER-Interview. „Ich zitiere darin das Kinderlied ,Auf der Mauer, auf der Lauer‘. Früher hätte ich das nie und nimmer gemacht. Solche Lieder haben mich genervt. Aber mit den eigenen Kindern werden so triviale Sachen wieder schön. Und dann singe ich noch , I love you‘– also blöder geht es nicht mehr. Aber es passt zu dem Song, mit dem ich die Schönheit im Einfachen suche.“

Das im Albumtitel „Lieben wir“ skizzierte Überthema bezieht sich in vielen Songs auf zwischenmenschliche Beziehungen, transportiert aber bewusst die allgemeine Frage mit: „Lieben wir genug?“ Denn Oehl ist der Meinung, dass die Spaltung und der Hass, die sich gerade so bedrohlich in der Gesellschaft manifestieren, im persönlichen Bereich ihre Wurzeln hat. „Ich glaube, Menschen wie Donald Trump oder Elon Musk sind in der Kindheit nicht genug geliebt worden. Wenn ich einem Kind die Liebe entziehe, bekommt es Depressionen, Ängste und solche Persönlichkeitsstörungen. Das ist eine Gefahr für die Gesellschaft.“

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Groenland Records/Tim CavadiniDer Wert der Umarmung

Deshalb schreibt Oehl über den Wert von Umarmungen und die Gefühle beim ersten Kennenlernen, oder in „Willi“ über einen Freund, einen starken Raucher, der verstorben ist und ein Fan von Willi Resetarits war. Durch die Instrumentierung mit Gitarre, Saxofon, Geige und Trompete bekommen die durchwegs melancholischen, aber immer hoffnungsvollen Songs emotionale Tiefe. Der Wunsch, keine Synthesizer, keine Autotune-Effekte und keine Drumloops zu verwenden, ist eine Reaktion darauf, dass Oehl voriges Jahr die Musik für das Theaterstück „Tom auf dem Lande“ schrieb und sie am Linzer Stadttheater allabendlich bei den Aufführungen selbst spielte. „Ich war dabei alleine und musste viel Elektronik verwenden, weil ich eine ganze Band ersetzen musste. Ich fand es aber auch deshalb spannend danach für ,Lieben wir‘ ultimative menschliche Musik zu machen, weil ich glaube, dass wir gerade an dem Kipppunkt sind, wo man den Unterschied zwischen menschengemachter und KI-gemachter Musik gerade noch hören kann. Aber sehr bald wird das nicht mehr so sein. So zu instrumentieren, ist mein Versuch, dieser Überperfektion etwas entgegenzusetzen.“

Mit seiner aktuellen „Tour der guten Hoffnung“, die am 23. April in der Wiener Arena Station macht, erhebt Oehl den Albumtitel „Lieben wir“ zur Einladung.

Sein Anspruch: „Ich will den Hassräumen im Internet, in denen sich das Negative multipliziert, einen unpolitischen Raum gegenüber stellen, in dem sich das Positive verstärkt. Konzerte machen das automatisch. Denn alle gehen wegen der einen Sache hin, und es ist egal, woher du kommst, wie du aussiehst und was du denkst.“

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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