Er erlag einer langjährigen Krebserkrankung.
Der österreichische Autor Martin Pollack ist tot. Das teilte der Residenz Verlag am Freitag mit. Pollack war an Krebs erkrankt. Der 1944 im oberösterreichischen Bad Hall geborene Pollack schrieb Bücher wie wie „Galizien“ (2001), „Von Minsk nach Manhattan, Polnische Reportagen“ (2006) und „Sarmatische Landschaften – Nachrichten aus Litauen, Belarus, der Ukraine, Polen und Deutschland“ (2006) bis zu seinen Aufarbeitungen der Familienbiografie, „Der Tote im Bunker. Bericht über meinen Vater“ (2004) und „Die Frau ohne Grab. Bericht über meine Tante“ (2019).
„Mit ihm verliert Österreich einen seiner bedeutendsten und wachsamsten Autoren, die polnische Nation einen aufrichtigen Freund, seine SchriftstellerkollegInnen und Freunde in der Ukraine und in Belarus einen leidenschaftlichen Kämpfer für ihre Sache“, teilte der Verlag mit.
„Resignation und Verzweiflung gehören nicht zu mir. Mich interessiert die Krankheit auch nicht“, hatte der Autor gesagt.
In seinen Werken hat er seine Familiengeschichte thematisiert. „Ich komme aus einer hundertprozentigen Nazifamilie. Das steckt in den Leuten drinnen – in Österreich offenbar besonders stark. Und bei jeder Gelegenheit kommt das wieder heraus“, sagte er einmal zur APA. In seinem Buch „Anklage Vatermord“ (2002) rekonstruierte er einen Justizskandal der 20er-Jahre, in „Kaiser von Amerika“ (2010) schilderte er die Massenflucht von Juden, Polen und Ukrainern aus Galizien zu Beginn des vorigen Jahrhunderts.
Über seine Erkenntnis, dass sein Vater, der 1947 beim Versuch eines Grenzübertritts nach Italien unter ungeklärten Umständen erschossen wurde, bei den nationalsozialistischen Verbrechen als hochrangiger Gestapo-Beamter und SS-Offizier Mittäter war, hat er ein so beeindruckendes wie bedrückendes Buch geschrieben. Von der Erfahrung, dass die geliebte Großmutter, die die wesentliche Bezugsperson seiner Kindheit war, nie etwas aus der Geschichte gelernt hat, vermag er in einer Offenheit und Direktheit zu erzählen, dass einem mitunter die Luft wegbleibt.
„Ich hab‘ mit der Familie meines Vaters gebrochen. Das war notwendig. Aus heutiger Sicht hab ich das aber mit unnötiger Härte gemacht.“
Auch als Übersetzer des polnischen Autors und Journalisten Ryszard Kapuscinski machte sich Pollack einen Namen. Er war 1987 bis 1998 Korrespondent des deutschen Nachrichtenmagazins Der Spiegel in Warschau und Wien. Sein erster Auftrag in Wien war ein Besuch bei Bundespräsident Kurt Waldheim. In der weltweit diskutierten Affäre um dessen SS-Vergangenheit hatte das Magazin ein Telegramm publiziert, das sich nicht als Beweis, sondern als Fälschung herausstellte. „Mir und meiner Vorgängerin Inge Santner oblag es, zu Waldheim zu pilgern und uns dafür zu entschuldigen. Der Termin war hochnotpeinlich. Der ‚Spiegel‘ war damals Partei – was man im Journalismus immer vermeiden sollte.“
Source:: Kurier.at – Kultur