
Immer noch sehr beeindruckend ist die düstere Inszenierung von Harry Kupfer aus 1989, die die vom Publikum ungeliebte Sichtweise von Uwe-Eric Laufenberg aus 2015 wieder ablöste. Immer noch beeindruckend ist bei der „Elektra“ an der Wiener Staatsoper das Bühnenbild mit dem unteren sichtbaren Teil der Riesenstatue des Agamemnon, dessen abgeschlagener Kopf auf dem Boden liegt und unter der sich das Psychodrama von Gatten- und Muttermord nach dem kongenialen Text von Hugo von Hofmannsthal abspielt.
Packend dabei ist vor allem der Auftritt der Klytämnestra mit ihrer überdimensionalen Schleppe, an der ihre Untertanen wie ein Insektenschwarm kleben; sowie die finale Idee, dass sich Elektra während ihres ekstatischen Freudentanzes in den herabhängenden Seilen von der Figur des Agamemnon verheddert und so zu Tode kommt.
Beeindruckend ist auch wieder die musikalische Leitung unter Alexander Soddy. Der gebürtige Brite dirigiert das komplexe Werk souverän: Mit packendem Zugriff und exakten Gesten gelingt es ihm, im hochkonzentrierten Orchester der Wiener Staatsoper mitreißende Spannung und archaische Mystik zu erzeugen. Die Musikerinnen und Musiker entfalten eine luxuriöse Klangpracht, nur manchmal werden die Sänger etwas übertönt: So wirkt Aušrinė Stundytė in dieser kräfteraubenden Titelrolle anfänglich etwas zu wenig stimmkräftig.
Sie singt und spielt die Elektra aber bald mit gleißender Kraft und reichen Nuancen, die ihre Hassbesessenheit aber auch ihre Fragilität gekonnt darstellen kann. Sie kann dabei durchaus an ihre exzellente Leistung bei den Salzburger Festspielen 2000 in der Regie von Krzysztof Warlikowski anschließen.
Camilla Nylund ist eine höhensichere, wortdeutliche Chrysothemis mit leuchtendem Sopran. Nina Stemme besticht bei ihrem Rollendebüt als Klytämnestra am Haus mit ungemeiner Präsenz und messerscharfer Autorität. Derek Welton spielt und singt den Orest mit seinem schönen und warmtimbrierten Bassbariton wunderbar. Jörg Schneider ist ein idealer Aegisth. Großer Jubel, jedoch einige Buhs für die Titelheldin.
Wiener Staatsoper/Ashley Taylor
…read more
Source:: Kurier.at – Kultur



