Pedro Almodóvar im Interview: Leben und Sterben nebeneinander

Kultur

Der spanische Star-Regisseur über sein prachtvolles Melodram „The Room Next Door“, Sterbehilfe und seine Angst vor dem Tod

Es gibt Dinge im Leben, die Pedro Almodóvar nicht versteht. Den Tod, zum Beispiel: „Was den Tod betrifft, fühle ich mich absolut unreif“, sagt der spanische Star-Regisseur im KURIER-Gespräch: „Die Idee, dass etwas Lebendiges stirbt, kann ich mit meinem Verstand nicht akzeptieren.“

In dieser Hinsicht geht es dem Regisseur genauso wie seiner Hauptfigur Ingrid in seinem neuen, prachtvollen Melodram „The Room Next Door“ (ab Freitag im Kino). Ingrid, hinreißend gespielt von Julianne Moore, ist eine erfolgreiche Schriftstellerin. In ihrem gerade neu erschienenen Buch setzt sie sich mit ihrer immensen Todesangst auseinander und schreibt bei einer Buchpräsentation in New York ihren Fans Widmungen ins Exemplar. Ob sie durch das Schreiben gelernt habe, den Tod zu akzeptieren, will eine junge Frau wissen.

„Nein“, sagt Ingrid wie aus der Pistole geschossen.

Pedro und Ingrid

„Ich bin wie Ingrid“, sagt Pedro Almodóvar: „Sie ist die Figur in meinem Film, die mir am nächsten steht. Sie ist davon inspiriert, wie ich selbst über den Tod denke.“

Warner

Pedro Almodóvar (75) denkt über den Tod nach: „The Room Next Door“

Bei der Buchpräsentation trifft Ingrid auf eine alte Bekannte, die ihr von der Erkrankung ihrer gemeinsamen Freundin Martha erzählt. Ingrid und Martha kennen sich aus ihrer Zeit als Journalistinnen, ehe Martha als Kriegskorrespondentin in der Weltgeschichte verschwand und sich die beiden Frauen aus den Augen verloren. Ingrid nimmt die Begegnung zum Anlass, um den Kontakt zu ihrer alten Freundin wieder aufleben zu lassen – und trifft nach langen Jahren erstmals wieder auf Martha.

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Martha, ätherisch verkörpert von einer fast durchsichtigen Tilda Swinton, steht in starkem Gegensatz zur todesängstlichen Ingrid: Sie sieht ihrem Ende mit klarem Blick entgegen und besteht darauf, selbst zu bestimmen, wann sie ihr Leiden terminieren will. Nachdem Sterbehilfe in den USA verboten ist, hat sie im Darknet eine tödliche Pille bestellt, die sie in dem für sie richtigen Moment einnehmen möchte. Ihre Bitte an Ingrid: Sie dabei nicht alleine zu lassen, sondern ihre letzten Tage mit ihr zu verbringen – in „The Room Next Door“.

Warner

Besuch im Krankenhaus: Julianne Moore (re.) besucht Tilda Swinton

Recht auf den eigenen Tod

Almodóvar hat den Roman „Was fehlt dir“ von der US-Autorin Sigrid Nunez adaptiert: „Allerdings habe ich mir alle Freiheiten genommen. An der Vorlage haben mich zwei Dinge interessiert: Die Begegnung der Frauen im Spital und die Bitte von Martha, beim Sterben begleitet zu werden.“

Gleich vorweg: Pedro Almodóvar ist ein Befürworter von Sterbehilfe, wie sie in Spanien 2021 legalisiert wurde. Seiner Ansicht nach hat jeder Mensch ein Recht darauf, bei schweren Krankheiten und unerträglichen Schmerzen seinem Leben ein Ende zu setzen: „Gerade für religiöse Menschen ist Sterbehilfe ausgeschlossen, weil sie der Ansicht sind, nur Gott kann über Leben und Tod entscheiden. Ich finde aber, dass jeder so eine Entscheidung für sich persönlich treffen muss. Dieses Thema wird besonders dann sehr politisch, wenn sich extreme rechte Kräfte dagegen aussprechen. Für mich aber ist die Befürwortung von Sterbehilfe eine Frage des Respekts vor einem anderen Menschen.“

Warner

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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