Programm „Gleich“: Alfred Dorfer plädiert leidenschaftlich für mehr Hirn

Kultur

Alfred Dorfer hatte mit seinem Kabarettpreis-verdächtigen Solo „Gleich“ am Freitag Wien-Premiere im Stadtsaal.

Ein Aufbegehren in Zeiten, „wo Mangelerscheinungen Wahlen gewinnen“ und wir uns in der Politik zwischen „Verhetzern und Versagern“ entscheiden müssen, ist „Gleich“, Alfred Dorfers achtes kabarettistisches Ein-Mann-Theater.

Eine böse Komödie, ein heiteres Bravourstück an intelligent verpackten Bissigkeiten über unsere Zeit mit ihren lächerlichen Auswüchsen. Und gegen den Zeitgeist.

Von einem, der als Clown in ein Alten-Ghetto engagiert wird, auf den Brettern der Bühne, die das Hirn bedeuten.

Der Titel „Gleich“ wird, weil mehrdeutig interpretierbar, zur Denksportaufgabe: Geht es um die Gleichheit oder die Gleichmacherei der Menschen oder um eine Gesellschaft, der eh alles gleich ist? Und „wenn alles gleich ist, ist dann alles wurscht?“

Intelligenter Spott

Denn das Biotop des 62-Jährigen, der einmal mehr in viele Rollen schlüpft, ist das verbale Hochseil und die Pointenschleuder seine wirksamste Waffe. Er selbst, in jener Minderheitsbewegung, die sich der Vernunft verschrieben, fordert pointiert dazu auf: „Machen Sie etwas, was Sie in der Wahlzelle nicht tun: Nachdenken.“

Es geht um Fakt, Fake, Fiction und um die Frage: Was sieht man? Und was ist wirklich? Außerdem um Befindlichkeiten und Überzeugungen, Sprach- und Gedankenspielereien, Gesellschaftskritik und Spiegelschau, Fantastereien und Diagnosen: „Angst macht krank. Angstmachen leider nicht.“

Der Großmeister des intelligenten Spottes bewegt sich wie ein Freischwimmer querfeldein humorvoll und selbstironisch durch Themen wie Alter, Regenwaldduschen, künstliche Intelligenz, Müsli-Bezirke wie Wien Neubau, Schweinebraten und kulinarische Schwellenländer sowie Kühe, die partout nicht zurückwinken.

Dorfer fragt sich: Wo steht unsere Demokratie, unsere Gesellschaft? Er seziert das Phänomen „Egokratie“ – die völlige Aufgabe sozialen Denkens, und entlarvt den linken wie den rechten Schwachsinn, Ideologie genannt, als „Diebstahl an der Vernunft“. Um sarkastisch festzustellen: Es gibt Situationen, bei denen „Vorurteile helfen, wenn es dir schlecht geht“.

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Verbale Rundumschläge

Weit verbreitet war die zynische KZ-Inschrift: „Arbeit macht frei.“ Heute wissen wir: „Freiheit macht Arbeit.“

Was möglicherweise mit fehlender Arbeitsmoral kollidiert. Denn: „Arbeit ist auch lustiger, wenn sie wer anderer macht. Der Ursprung der Work-Life-Balance.“

Im Gedankendickicht aus Analyse und Absurdität ist nichts und niemand vor den verbalen Rundumschlägen sicher. Da werden die selbstverliebten Selfie-Narzissten und anderen Selbstdarsteller, die sich nur noch in ihren „Bubbles“ bewegen, mit viel Witz schachmatt gesetzt.

Dorfer, der Pantomime

Überraschend die pantomimischen Show-Einlagen, wenn Dorfer bewegungselastisch den Bären mit Appetit auf Jogger macht, außerdem zum Karpfen und zur Sonnenblume wird.

Nicht überraschend hingegen Dorfers kritische Kommentare zur Sozialdemokratie. Die ist ihm eigentlich eine Herzensangelegenheit, „hat aber mit der Kunst immer gefremdelt und wurde selbst zum Kunstprojekt: zu einem Theater ohne Publikum.“ Dorfer kann böse sein. Aber er ist nie plump, sondern stets elegant.

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Source:: Kurier.at – Kultur

      

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