Anja Jemc inszenierte Martin McDonaghs „Die Beauty Queen von Leenane“ als Wechselspiel aus Tristesse und Brachialhumor
Einen großen Auftritt hat die Biskotte so gut wie nie auf heimischen Bühnen. Und dann ist es endlich soweit. Aber im Max Reinhardt Seminar ist konsequent nur vom „Löffelbiskuit“ die Rede. „Die Beauty Queen von Leenane“ fristet ihr Leben daher eher in Nordrhein-Westfalen denn in Irland. Die bundesdeutsche Schnoddrigkeit mit viel „Pisse“ soll wohl so etwas wie falsch verstandenen Lokalkolorit vermitteln.
Ansonsten aber ist Regiestudentin Anja Jemc, geboren in Linz, eine hinreißende Inszenierung von Martin McDonaghs frühem Stück geglückt – und eine hoch passable Ergänzung zu „Der einsame Westen“ im Burgtheater (mit Michael Maertens und Roland Koch): Beide Stücke sind Teil der sogenannten „Leenane Trilogie“ von Martin McDonagh und zum Beispiel über die Figur Pater Welsh miteinander verschränkt.
Das Team rund um Anja Jemc hat wohlweislich nicht den Versuch unternommen, dieses bitterböse „Endspiel“ aus 1996 in der Gegenwart zu verorten. Denn es funktioniert nur, wenn Briefe geschrieben und persönlich übergeben werden. In der schäbigen Wohnküche der Folans von Ilja Czebulla mit semitransparenten PVC-Wellplatten-Wänden erklingt daher immer wieder eine Wunschsendung aus dem Transistorradio. Und vor dem Röhrenfernseher hockt Vivielle Causemann, eine Seminar-Absolventin, versunken im penetrant quietschenden Schaukelstuhl.
Ihre Mag macht der Tochter das Leben zur Hölle. Aber Maureen fühlt sich (aus Liebe?) für sie verantwortlich. Und so spielt sie notgedrungen, aber mit viel Widerwillen, mit. Bis ein engelhafter Mann, der im späten Mädchen gar eine Schönheitskönigin erblickt, diese aus der Tristesse zu erretten versucht: Julius Bela Dörner betört mit Sanftmut und Verständnis. Die verbitterte Maureen der Naomi Keip blüht geradezu auf, was der Mutter mehr als nur ein Dorn im Auge ist: Vivielle Causemann brilliert mit bösartigen Blicken als krumme Hexe, der im Augenblick des Triumphs die Zunge heraushängt. Gabriel Oceano Schlager, Studierender wie Kneip und Dörner, ergänzt tölpelhaft als Nachrichten-Bote.
Mitunter lässt Anja Jemc die Zügel zu sehr schleifen (die Aufführung dauerte statt angekündigter 90 Minuten fast zwei Stunden), aber es gelingt ihr immer wieder, die beklemmende Depri-Stimmung mit Brachialhumor erträglich zu machen. Porridge, im Nachttopf zubereitet, schmeckt eben erstaunlich.
Bis 13. Dezember, Wiederaufnahme wohl im August 2025 beim Festival „Hin & weg“ in Litschau.
Source:: Kurier.at – Kultur