
Jan Philipp Gloger, der Direktor des Volkstheaters, verpflichtete Rieke Süßkow als Hausregisseurin. Die Berlinerin kennt Wien sehr gut: Hier studierte sie, hier sammelte sie erste Theatererfahrungen. Und hier hob sie Peter Handkes „Zwiegespräch“ mit einem ganz besonderen Twist aus der Taufe. Dass auch ihre Inszenierung von Ödön von Horváths Stück „Geschichten aus dem Wiener Wald“, die heute Premiere hat, unkonventionell wie messerscharf ausfallen wird, liegt auf der Hand. Allerdings nicht so sehr wegen der Crossgender-Besetzung (Karoline Marie Reinke spielt den brutalen Oskar, Maximilian Pulst die Marianne).
Susanne Hassler-Smith
Szenenfoto „Geschichten aus dem Wiener Wald“
KURIER: Sie wurden 1990 in Berlin geboren. Wie und warum stießen Sie denn zum Theater?
Rieke Süßkow: Ich komme aus Moabit, einem multikulturellen Arbeiterbezirk, und war schon als Kind fasziniert von Zirkus, Puppentheater, Straßenfesten, also den unterschiedlichen Darstellungsmöglichkeiten. Mit 15 bin ich zu einer Jugendtheatergruppe, da hatte man einen sehr unbedarften Zugriff, nicht am Zahn der Zeit. Erst als ich nach Wien gezogen bin, um Theater- und Medienwissenschaft zu studieren, habe ich den Stadt- und Staatstheater-Kosmos kennengelernt.
Wussten Sie schon damals, dass Sie Regisseurin werden wollen?
Ich wusste nur: Ich möchte Theater machen – in welcher Form auch immer. Aber ich war mir noch unsicher, ob ich wirklich in die Richtung Regie gehen will.
Warum das Studium in Wien?
Ganz banal: Einige Menschen sagten mir, dass man hier gut Theaterwissenschaft studieren kann. Also kam ich – und fand es toll. Hier wird die Kunst derart wertgeschätzt! Diese verschiedenen Theater, die kleinen, die großen und die freie Szene: Das gibt es in der Form nicht in Deutschland. Und es läuft über die persönliche Ebene: Man lernt die Studierenden vom Max Reinhardt Seminar oder von der MUK kennen, und dann tun sich Möglichkeiten auf.
Welche denn?
Am Anfang habe ich mich sehr mit dem öffentlichen Raum beschäftigt, und wir haben das Kollektiv „nicht.theater Ensemble“ gegründet, das sich damit auseinandergesetzt hat. In der Musterhaussiedlung bei der SCS haben wir 2013 die „Volksvernichtung“ von Werner Schwab gemacht, das ja in einem Wohnhaus mit mehreren Parteien spielt: Die Zuschauerinnen und Zuschauer konnten herumgehen und sich parallel die drei Familiengeschichten anschauen.
Und dann haben Sie doch Regie studiert – ab 2014 in Hamburg. Aber die Stadt hat Sie nicht sonderlich gereizt, oder?
Meine Mutter kommt aus Hamburg, als Kind habe ich dort immer die Weihnachtsfeiern verbracht. Aber als ich dort gelebt habe, merkte ich, dass die Kultur nicht zu mir passt. Ich schloss das Studium an der Theaterakademie ab, habe aber immer wieder in Wien gearbeitet.
So kam es, dass Sie am Schauspielhaus „Oxytocin, Baby“ von Anna Neata inszenierten: 2022 erhielten Sie den Nestroy-Preis „Bester weiblicher Nachwuchs“. Das war Ihr erster großer Erfolg?
Eigentlich „Medea“, meine Hamburger Abschlussinszenierung. Sie hat komplett ohne Sprache funktioniert. Mit ihr fing es an, dass ich an anderen Häusern arbeiten konnte.
Auch an der Burg: 2022 übertrug man Ihnen, doch noch recht unbekannt, die Uraufführung von Peter Handkes „Zwiegespräch“.
Eigentlich sollte Wim Wenders inszenieren. Aber er sagte ab. Und nach dem Erfolg von „Oxytocin, Baby“ kam der Dramaturg Sebastian Huber, der bereits „Medea“ gesehen hatte, auf mich zu. Ich glaube, sie haben gemerkt, …read more
Source:: Kurier.at – Kultur



