Kess und frech: eine Hommage an Lebenslust und Lebensgier (bis 26. 1.).
Bubikopf und Paillettenkleider. Berliner Schlager und amerikanische Swing-Nummern. Vor der Pause rauscht „Berlin, Berlin“ von Autor und Regisseur Christoph Biermeier im MuseumsQuartier mit Hoch- nein: Überdruck fast ohne Atempause durch mit Glanz, Tanz und Glamour. Ein entfesseltes 30-köpfiges Ensemble traf bei der Premiere am Mittwoch im MuseumsQuartier auf ein Mitklatsch-freudiges Publikum.
Für den Sound der Show aus dem Berliner Admiralspalast mit Live-Band sorgten Größen aus dem Londoner West End: Gary Hickeson (Musical Supervisor) und Richard Morris (Arrangeur).
Die goldenen 1920er- und Folgejahre als Revue sind eine Hommage an Lebenslust und Lebensgier. Mit bekannten Protagonisten: der deutsche Hollywood-Star Marlene Dietrich, der Femme fatale Anita Berber, seinerzeit aus Wien verbannt, ist ebenso wieder da wie die Tänzerin im Bananenrock Josephine Baker. Und der Bert Brecht ist „so ein Genie“ … © all rights reserved by Jens H/Berlin Berlin ProductionDer tausendfach gecoverte Hit „Mackie Messer“ klingt routiniert und hätte Potenzial für mehr. Und dass bei den Comedian Harmonists mit Oldies but Goldies wie „Schöne Isabella aus Kastilien“ „Bei mir bist du schön“ oder „Mein kleiner grüner Kaktus“ aus der Weimarer Zeit nicht jeder Ton ein Treffer ist, so what? Alle Sympathien hat sofort Sebastian Prange als tollpatschiger Kutte mit seinem ansteckenden Lach-Foxtrott. Intensiv und maximal exaltiert bringt Jil Clesse die von ungeheurer Energie angetriebene, skandalumwitterte Anita Berber mit „Absinth im Blut“ auf die Bühne. © all rights reserved by Jens H/Berlin Berlin ProductionGekonnt mit Charme durch die Show führt als Conférencier „Admiral“ der Linzer Musical-Darsteller Simon Stockinger, auch bekannt als Billy im Falco-Musical „Rock Me Amadeus“.
Eine humorige Referenz ans „Weiße Rössl“, die 1930 in Berlin produzierte Operette von Ralph Benatzky, mit jodelnden Älplern in der Krachledernen macht schmunzeln. Aber die Show mit Tänzen wie Shimmy, Lindy Hop und Charleston blendet auch nicht die politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Umbrüche in der Welt der Nachtclubs und Varietés von seinerzeit zwischen Wirtschaftskrise und ungebremster Vergnügungslust aus. Mit ihren erschreckenden Parallelen zum Heute.
KURIER-Wertung: 4 Sterne
Source:: Kurier.at – Kultur