Simone Young: „Wenn’s nicht gefällt, dann geht man in der Pause“

Kultur

Simone Young hat wenig Verständnis für Buhs, die die Vorstellung stören. Aber mancher Regieeinfall ist auch ihr zu viel. Nicht jedoch bei der Oper „Fin de partie“, die sie an der Staatsoper dirigiert.

Simone Young ist die berühmteste Dirigentin der Welt. Wie oft sie in ihrem Metier schon etwas als „erste Frau“ gemacht hat, ist Legion. Und ein Thema, das die 63-Jährige mittlerweile langweilt. Zuletzt hat sie übrigens als erste Frau Wagners „Ring“ in Bayreuth dirigiert. Am 16. Oktober steht sie am Pult, wenn György Kurtags „Fin de partie“ (nach Becketts „Endspiel“) in der Staatsoper Premiere hat. Warum sie mag, wie Regisseur Herbert Fritsch Humor aus der Endzeitfarce kitzelt, wann sie sich bei Inszenierungen querstellt und wieso sie immer Strickzeug dabei hat, erzählt sie im Interview.

KURIER: Diese Produktion ist erst die zweite szenische Inszenierung von „Fin de partie“ – ist das so etwas wie eine fast leere Leinwand?

Simone Young: Viel zu häufig werden neue Werke nur mit der Uraufführung verbunden, man gibt den Komponisten selten die Chance, die früher selbstverständlich war: dass ein Stück neu einstudiert wird mit einer neuen Regie. Nur damit kann man dem Werk ein weiteres Leben geben. Ich hatte das Privileg, letztes Jahr György Kurtag zu besuchen, wir sind das ganze Stück Ton für Ton durchgegangen, er hat einige Verbesserungen notiert und während wir sprachen, hatte er noch Ideen. Wer hätte nicht gern die Chance, dass einem der Komponist selbst seine Einflüsse und Intentionen erzählt? Was würde man darum geben, mit Verdi eine halbe Stunde zusammen zu sitzen und ihn zu fragen: Was haben Sie tatsächlich gemeint in dem Takt?

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Philippe Sly (Hamm) und Georg Nigl (Clov) in „Fin de partie“

Sie sind Synästhetin, sehen also Musik in Farben. Welche Farben hat denn diese Oper?

Hätten Sie mich das gefragt, nachdem ich nur die Aufnahme gehört habe, hätte ich gesagt: Alles ist düster, alles in Grau, verschattet. Aber die Partitur und auch die Art, wie Herbert Fritsch sie auf Bühne bringt, ist viel leuchtender. Ich kann nirgendwo hundertprozentig sagen: Der Takt ist grün, der gelb, der blau, Passagen mit einer klaren Tonalität sind selten. Es gibt ein Stück von Olivier Messiaen, „Couleurs de la Cité Céleste“, da gibt es einen Akkord, den er mit „gold gelb grün“ überschreibt, und dann gibt es einen Akkord, der hundertprozentig gleich ist, und darüber steht „blau violett“. Warum sind die unterschiedlich? Vielleicht bedeutet das, dass bei einem Akkord die hohen Instrumente mehr in den Vordergrund rutschen und beim anderen die dunklen.

Kurtag hat viele sehr helle Momente in seiner Partitur, die große Herausforderung besteht darin, diese Farben herauszuholen. Das macht übrigens auch Fritsch, in dem er den Humor aus diesem düsteren Stück kitzelt.

Wie würden Sie diese eher sperrige Musik jemandem schmackhaft machen?

Ich würde nicht sagen, dass sie sperrig ist. Es gab die lange Tradition in Schauspiel und Musik, dass das Theater des Absurden und die Musik, die aus dieser Literaturbewegung hervorgegangen ist, grau und abschreckend gemacht wurde, ohne Humor, fast fromm. Ich habe mich durch einen Versuch von Adorno durchgeboxt, in dem er schreibt, …read more

Source:: Kurier.at – Kultur

      

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