Sonja Pikart ist die große Abräumerin bei den Österreichischen Kabarettpreisen. Im Interview spricht sie über den deutsch-österreichischen Streit, der sie langweilt, Medien, die zur Spaltung des Landes beitragen, Künstliche Intelligenz und den Spagat zwischen Tiefgang und leichter Unterhaltung.
Beim Österreichischen Kabarettpreis 2024, der am 12. November im Wiener Globe über die Bühne geht, wird Sonja Pikart gleich zwei von drei möglichen Preisen mit nach Hause nehmen. Die in Aachen geborene Künstlerin (40) erhält für ihr viertes Soloprogramm „Halb Mensch“ einerseits den Hauptpreis und darf sich andererseits auch noch als Teil des Kabarett-Trios Ghöst über den Programmpreis freuen.
KURIER: Sie leben seit 15 Jahren in Wien, werden aber immer noch als deutsche Kabarettistin bezeichnet. Man könnte frech sagen: Jetzt nehmen uns die Deutschen auch noch die Kabarettpreise weg …
Sonja Pikart: Ach, das mit den Nationalitäten sehe ich nicht so eng. Außerdem gibt es auch viele Österreicher, die bereits deutsche Kabarettpreise gewonnen haben. Ich freue mich einfach wahnsinnig über die Auszeichnung. Es fühlt sich gut an, für etwas geehrt zu werden, das im stillen Kämmerlein entstanden ist und an dem ich ein Jahr lang gearbeitet und gefeilt habe.
Konnten Sie sich über die Jahre schon mit dem Wiener Humorverständnis anfreunden?
Jedes Völkchen versucht, seinen eigenen Humor als etwas Besonderes darzustellen. Das ist in manchen Gegenden in Deutschland nicht anders. Dabei haben Deutsche und Österreicher viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Humor ist gar nicht so regional begrenzt, wie man oft denkt.
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Werden Sie immer noch als Deutsche bezeichnet?
Natürlich, und das schmerzt ehrlich gesagt auch immer noch ein bisschen. Dieses Schubladendenken und das ständige Abgrenzen voneinander verstehe ich nicht. Man versucht, Unterschiede zu betonen, anstatt in Zeiten wie diesen nach Gemeinsamkeiten zu suchen. Dieser deutsch-österreichische Streit langweilt mich mittlerweile schon ein bisschen.
Sie leben seit 15 Jahren in Österreich, dürfen aber als deutsche Staatsbürgerin nicht wählen. Wie sehr ärgert Sie das?
Ich finde es sehr schade, dass ich nicht dort wählen darf, wo ich seit 15 Jahren lebe, arbeite und Steuern zahle. Es geht nicht nur mir so – etwa 1,5 Millionen Menschen in Österreich dürfen hier nicht wählen, obwohl sie hier leben. Das ist etwa ein Fünftel der Bevölkerung. Wie demokratisch ist das überhaupt noch? Ich finde den Gedanken spannend, dass man in einer globalisierten Welt von der Staatsbürgerschaft als Wahlgrundlage abrücken und sagen könnte: Jeder, der so und so lange hier lebt, darf wählen. Schließlich betreffen mich die Entscheidungen in diesem Land direkt, und ich finde es merkwürdig, dass ich nur über die Staatsbürgerschaft Zugang dazu habe.
Die Jury nannte Sie eine „sehr schlaue Beobachterin von gesellschaftspolitischen Schieflagen und Entwicklungen“. Welche Schieflagen beobachten Sie gerade?
Einige. Zum Beispiel fällt mir auf, wie in den Medien das Bild einer völlig gespaltenen Gesellschaft vermittelt wird: In diversen Talkshowformaten wird so getan, als hätten viele Menschen völlig gegensätzliche Meinungen. So erlebe ich das in meinem Leben nicht. Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß, sondern auch viele Grautöne. Klar, das Extreme verkauft …read more
Source:: Kurier.at – Kultur