
Vor dem Hotel leuchten die Christbäume. T. C. Boyle mag das. Mit weihnachtlichem Kitsch aller Art kann er viel anfangen. „Das erinnert mich an meine Kindheit. Als ich klein war und meine Eltern noch lebten. Schöne Zeiten waren das. Bessere Zeiten.“ Wenn man T. C. Boyle so reden hört, klingt er nicht immer wie der Rockstar unter den Schriftstellern, der er ist. Manchmal klingt er wie der ältere Herr, der er eben auch ist. Meistens freundlich und auskunftsfreudig, hin und wieder ein bisserl grantig.
Rebellisch war er immer und ist er geblieben. Die Welt, wird er später erläutern, gibt ihm allen Grund dazu. 77 Jahre alt ist Boyle jetzt und wenn er öffentlich auftritt, wie unlängst im ausverkauften Wiener Konzerthaus, der ersten Station auf seiner Lesereise für den neuen Roman „No Way Home“, dann hat das was von Happening. Seine Jünger wollen den Mann, der packende Pageturner über Umweltzerstörung, den miesen Zustand der USA und den kurz bevorstehenden Weltuntergang schreibt, live sehen und hören. Denn T. C. Boyle ist, trotz seiner apokalyptischen Voraussagen, äußerst unterhaltsam. Ihn auf der Bühne zu sehen, ist ein Erlebnis für sich.
Die direkte Interaktion mit den Fans sucht er auch im Internet. T. C. Boyle twittert. Politik, Umwelt, Katzenfotos. Immer noch auf X. Und was ist mit Elon Musk? „Es hat mir besser dort gefallen, bevor er sich eingemischt hat. Aber was ich biete, ist Mitgefühl, Verständnis, Liebe zu Büchern und Natur. Ich zeige den Leuten den ganzen Tag, wo ich bin und was ich mache, und den Rest der Zeit mach ich Witze. Der ganze Hass, der momentan verbreitet wird, ist ausgeschlossen.“
Mit Benzin übergießen?
Leise fröhlich und entspannt wirkt Boyle, wenn er von seinem persönlichen Universum spricht. Bemerkenswert, denn mit der Welt im Großen und im Ganzen hadert er. „Ich bin wütend und nervös.“ Seine Art, damit umzugehen: Ironie. „Ich habe natürlich in Betracht gezogen, hier hinaus auf den Platz (Schwarzenbergplatz, Anm.) zu gehen, mich mit Benzin zu übergießen und anzuzünden. Aber ich glaube, das würde wehtun.“
Und dann wird er doch ernst: „Ich kann nicht anders, als mich mit meinen Anliegen auseinanderzusetzen. Ich habe von Anfang an über Umweltzerstörung geschrieben. Wie wir den Planeten und alle anderen Lebewesen kaputt machen. Das hat natürlich mit Politik zu tun. Das neue Regime in den USA ist anti-umweltbewusst und macht alle grünen Initiativen der letzten Jahre rückgängig. Selbst, wenn wir Trump und seine Leute jetzt loswürden, blieben wir durch die derzeitige Zerstörung um Jahrzehnte zurückgeworfen. Was dieses Regime macht, ist vorsätzliche Zerstörung. Es ist freudige Zerstörung.“
Boyle hofft dennoch, dass es mit dem „Regime“, wie er die Präsidentschaft Trumps nennt, bald vorbei ist: „Ich brauche Hoffnung, aber ich bin pessimistisch. Ich wirke fröhlich und nett. Aber mein Herz ist schwarz. Absolut schwarz. Trotzdem: Wenn wir bei den Wahlen im Frühjahr das Repräsentantenhaus zurückgewinnen, wird die Herrschaft dieses Mannes, der jetzt per Dekret regiert, einen Dämpfer bekommen.“
Auch Boyles neuer Roman ist Zeugnis einer Welt, die gar nicht in Ordnung ist. Er spielt in der glanzlosen Kleinstadt Boulder City, Nevada. …read more
Source:: Kurier.at – Kultur



