Physik-Nobelpreisträger Zeilinger setzte seine Veranstaltungsreihe im Musikverein fort – mit Christoph Ransmayr und Andrea Breth
von Susanne Zobl
Dass der Auftakt zu einer der aufwühlendsten Aufführungen der Wiener Staatsoper, Hans Pfitzners „Palestrina“, im Brahms-Saal des Musikvereins gegeben wurde, war kein Zufall. Denn das Künstlerdrama ist die Lieblingsoper des österreichischen Physik-Nobelpreisträgers Anton Zeilinger, weil es darin um Intuition geht.
Zeilinger bestreitet in dieser Spielzeit im Musikverein die Reihe „Perspektiven“, zu der Intendant Stephan Pauly bekannte Persönlichkeiten, die zumindest beruflich nichts mit Musik zu tun haben, einlädt, eine Konzertserie zu gestalten. Nachdem Zeilinger im ersten Teil die Erschaffung der Welt thematisiert hat, widmete er sich nun dem profanen Schöpfungsprozess und fragte: Wie kommt das Neue in die Welt?
Dem ging er mit der Regisseurin Andrea Breth, deren Schaffen ihn seit Jahren fasziniert, und dem Schriftsteller Christoph Ransmayr, den er nicht nur als Autor, sondern auch als Freund und Nachbar am Traunsee schätzt, nach.
Ransmayr meinte: Man müsse immer sehr vorsichtig sein, wenn man vom Neuen spricht, denn für wen sei etwas neu? Was einst die Europäer als Neue Welt entdeckt hätten, war für jene, die sie bewohnt hatten und auf deren Leichenfeldern die Eroberer ihre neuen Städte wie New York oder New Orleans errichteten, nicht neu gewesen. Breth dagegen wehrte sich gegen den Begriff überhaupt. Sie nennt sich eine Sekundärkünstlerin, die sich weigert, Texte zu zerstückeln und mit privaten Tagebucheintragungen zu versetzen. Anders als der Schriftsteller ist sie nicht dem weißen Blatt ausgeliefert. Ihre Aufgabe sieht sie darin, ein Stück oder eine Oper zu versinnbildlichen.
Unterbewusst
Als Beispiel hält Zeilinger mit Breths Interpretation von Puccinis „Madame Butterfly“ in Aix-en-Provence dagegen, die sie in den Kontext der japanischen Kultur stellte, so wie es noch niemand vor ihr gemacht hätte. Breth stellte klar, sie sei lediglich genau.
Was ist das Neue also? Etwas neu zu sehen? Für ihn selbst, sagt Zeilinger, seien neue Blicke auf etwas in der Wissenschaft aufregend. Ein Großteil seines kreativen Denkens geschehe im Unterbewusstsein, und zwar meist dann, wenn er nicht mit Physik beschäftigt sei. Was davon dann verwendbar ist, sei eine andere Geschichte.
Assoziationen seien auch für den Schriftsteller wesentlich, sagt Ransmayr, der in seinem jüngsten Buch „Egal wohin, Baby“ Fotos und real Erlebtes als Bausteine verwendete.
Und das Neue? Das kann man erleben, wenn man ins Theater geht und etwas Neues sieht, so Zeilinger.
Am 12. Jänner setzt er mit einem Hör-Labor zu Mozarts „Requiem“ fort.
Source:: Kurier.at – Kultur