
„Zeit im Bild“-Anchor Tarek Leitner ist erneut unter die Autoren gegangen. In „Augenblicke der Republik“ nimmt er die Leserschaft mit auf einen „persönlichen Streifzug durch die Geschichte Österreichs“, so der Untertitel. In jedem Kapitel ist eine historische Fotografie Ausgangspunkt seiner Betrachtungen, inhaltlich reichen sie über die diesjährigen Jubiläen 80 Jahre Zweite Republik, 70 Jahre Staatsvertrag und 30 Jahre EU-Mitgliedschaft hinaus. „Ich wollte mir über einen großen zeitlichen Bogen hinweg weitergehende Themen ansehen, ob das der Verkehr ist, Baukultur, Demokratie und Medien oder unser ambivalentes Verhältnis zu Russland“, sagt Leitner im KURIER-Gespräch.
Die Bilder stammen aus dem Privatfundus des ORF-Journalisten und den umfangreichen Archiven des Brandstätter Verlags, in dem das Buch erschienen ist. „Diese Bilder haben für mich eine ganz große symbolische Dichte, in denen sich ein Moment bzw. die Ambivalenz eines Moments manifestiert“, erläutert Leitner.
Symbol für Ende und Aufbruch
Im Bild zum Kapitel „Kontinuitäten über die Stunde Null“ steigt z. B. ein verliebtes Paar über die Trümmer, die der Zweite Weltkrieg hinterlassen hat, und „symbolisiert damit Ende und Aufbruch“. Das Bild „Warten auf den Staatsvertrag“ von Erich Lessing zeigt Außenminister Leopold Figl, Bundeskanzler Julius Raab und Vizekanzler Adolf Schärf. „Die drei Akteure haben die Gewissheit, dass nach zehn Jahren des Verhandelns etwas Großes bevorsteht, aber sie jetzt wieder warten gelassen werden, und das ist so ein Moment, in dem vieles auf der Kippe steht“, so Leitner.
Er lässt in Text und Bild auch eine gewisse Privatheit zu, etwa wenn es um Onkel Wladimir aus der Tschechoslowakei geht und er das Schicksal der Teilung seiner Familie durch den Eisernen Vorhang thematisiert. „Daraus resultierte eine politische Bildung, für die es keines Schulunterrichts bedurfte“, sagt Leitner. Was ihn nun nachdenklich stimmt: „Durch das Glück allseits, dass es diese frühere Systemgrenze nicht mehr gibt, tun sich offenbar immer mehr Menschen schwer, zu erkennen, worin antidemokratische Tendenzen liegen.“
Orientierungspunkte
Bei der Buchpräsentation im „Haus der Geschichte“ stellte (sich) auch Leitner jüngst die Frage: Wozu Geschichte erzählen, wenn sie in so vielen Teilen der Gesellschaft nicht mehr ankommt? „Darüber denke ich täglich nach. Als Journalisten suchen wir ja auch die Geschichte des Tages und erzählen damit dem Publikum die jüngste Geschichte“, erklärt der 52-Jährige. „Wir geben damit der Gesellschaft Orientierungs- und Anhaltspunkte und in der Folge Beurteilungsmöglichkeiten an die Hand.“
Mit Blick auf die Gesellschaften des Westens kommen da mitunter Zweifel an der Sinnhaftigkeit dessen auf. „Es gibt aber keine Alternative dazu und es ist darauf zu bestehen, dass man Wirklichkeit vermittelt“, unterstreicht der gebürtige Linzer.
Starpix / A. Tuma
Der Verleger und sein Autor: Nikolaus Brandstätter und Tarek Leitner
Sich einmischen in die eigenen Angelegenheiten
Das Schlusskapitel hat Leitner dem „Tunwort Demokratie“ gewidmet. Eine ihm wichtige Erkenntnis sei nämlich, „dass es eine Freiheit gibt, die durch unseren Staat entsteht. Ich meine damit die Strukturen, Institutionen und Rahmenbedingungen, die wir in den vergangenen 80 Jahren geschaffen haben. und die, wie wir soeben in den USA sehen können, sehr schnell zerstört sind, wenn wir nicht sorgsam damit umgehen.“ Dazu gehöre, dass man die Teilhabe an der Demokratie wie einen Muskel trainieren müsse. „Geschichte zu erzählen und weitere …read more
Source:: Kurier.at – Kultur