
Der Traditionshüter des Jazz überraschte zum Abschluss seiner Wien-Konzertserie mit wenig Gehörtem – und mit Thomas Gansch als Gast.
Wynton Marsalis war mit den „Vielharmonikern des Jazz“ drei Tage lang mit drei verschiedenen Programmen im dreimal ausverkauften Konzerthaus. Zum Finale der großen Hommage an die Jazztradition am Freitag fällt die von der Bigband oft zelebrierte Geschichtsstunde mit hundertfach gehörten alten Hadern aus.
Die hochvirtuose Bigband überrascht diesmal mit weniger geläufigen und teils neuen Gusto-Stückerln aus dem „Orchestra Book“ des Jazz at Lincoln Center Orchestra (JLCO) – mit großer Freude am Swingen eben meist im Stil von seinerzeit mit improvisatorischen Freiheiten der Solisten.
Hitzig beginnt’s mit „The Y’s Guy“ aus der „Rock Chalk Suite“, einer musikalischen Liebeserklärung an Basketball vor dem perkussiv stark akzentuierten „Li Bai’s Blues“, der an einen bedeutenden chinesischen Poeten der Tang Dynastie erinnert.
Prachtvoll auch „Bodegas Groove“, eine hüftschwingende Boogaloo-Nummer des Bassisten Carlos Henriquez.
Weltklasse
Charmant und Nostalgie pur ist „The Maid With the Flaccid Hair“ von Artie Shaw aus den 1940er-Jahren: Erstaunlich, wie die Klangbilder von anno dazumal außer auf alten Schallplatten heute auch noch live authentisch reproduziert werden.
Thomas Gansch als Gast bringt mit einem fulminanten Solo schon vor der Pause Feuer in „San Sue Strut“. Die Energie des Trompeters erhellt die Bühne auch bei der Uraufführung seiner Auftragskomposition „Naschmarkt Walk“, dem 1. Satz der „Vienna Suite“, die noch Work in Progress ist. Es gibt doch nichts Schöneres als den orchestralen Wumms der Bläser und die volle Klangbandbreite eines fixfidelen und so hochkarätig besetzten Weltklasse-Ensembles wie dem JLCO.
Werner Rosenberger
Source:: Kurier.at – Kultur